Fidel Castro und die „grandiosen und traurigen“ Tage der Raketenkrise
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„Selten hat ein Staatsmann sich so außerordentlich hervorgetan, als in diesen Tagen...”
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Am Montag, dem 22. Oktober 1962, in den ersten Stunden der Morgendämmerung, begann das Nachtdienst-Personal der Abteilungen für Operationen und Information des Generalstabs (spanische Abkürzung: EMG) der Revolutionären Streitkräfte (FAR) seine Runde durch die Büros, um ihre Kameraden zu wecken, die bis spät in die Nacht gearbeitet hatten; wenige hatten nach Hause gehen können. Die neue Woche sah danach aus, sehr intensiv zu werden, da seit Tagesanbruch in immer höherem Grade alarmierende Nachrichten aus den USA eintrafen.
Am späten Nachmittag des Vortags hatte eine kodifizierte telefonische Mitteilung der östlichen Armee (Ejército de Oriente) alle in Alarmbereitschaft versetzt, weil sie über die Verstärkung des Marine-Stützpunktes von Guantánamo mit Truppen und Kriegsausrüstungen berichtete. Die Information schloss die auf vertraulichem Wege erhaltene Nachricht ein, dass die Befehlshaber dieser Enklave die unmittelbare Abfahrt aller Zivilisten und Familienangehörigen der dort abkommandierten Militärs verfügt hatten. Seit Mitte des Monats hatte Comandante en Jefe Fidel Castro Comandante Sergio del Valle, Befehlshaber des EMG, angewiesen, angesichts der Verstärkung der militärischen Handlungen der US-Streitkräfte in der Karibik eine ständige Überwachung zu organisieren.
Am 22. mittags wurde bekannt, dass der Pressesprecher des Weißen Hauses bei den wichtigsten Rundfunk- und Fernsehsendern der USA Sendezeit für den späten Nachmittag für eine Ansprache des Präsidenten Kennedy an das ganze Land beantragt hatte. Ab diesem Zeitpunkt fingen die Pressemedien an, über eine Reihe von Gesprächen zu berichten, die am Amtssitz des Präsidenten stattfanden.
Der Comandante en Jefe beurteilte diese Informationen und folgerte daraus, dass dieser Betrieb im Weißen Haus mit der Entdeckung der sowjetischen Raketen in unserem Land verbunden war, und obwohl man nicht genau voraussagen konnte, welche Art von Aggression die USA unternehmen würden, und wo sie stattfinden würde, hatte er die Gewissheit, dass sie sich ereignen würde, und demzufolge verfügte er um 15:50 Uhr, die Streitkräfte in Alarmzustand zu versetzen. Etwas später, um 17:35 Uhr, ordnete er die Kampfalarm-Stufe für das ganze Land an. Fidel setzte eine Lebensregel um, die er in seinem gesamten Leben immer berücksichtigt hat, und zwar sich nicht vom Feind überraschen zu lassen, und so hat er es einige Tage später den kubanischen militärischen Befehlshabern während einer gemeinsamen Sitzung erklärt.
An jenem Nachmittag, auf einer Sitzung des Comandante en Jefe mit dem Verteidigungsminister, Comandante Raúl Castro, und den Comandantes Ernesto Che Guevara, Guillermo García Frías, Kommandierender der westlichen Armee, und Comandante Sergio del Valle wies er Folgendes an: Raúl sollte sofort nach Santiago de Cuba abfahren, um die Führung der östlichen Armee zu übernehmen, wobei er ihm befahl, auf dem Landwege zu reisen, um auf der Durchfahrt durch Santa Clara ein Gespräch mit Comandante Juan Almeida, Kommandierender der zentralen Armee, zu führen, und ihm die Lage zu erläutern, die der allgemeinen Mobilisierung des Landes zugrunde lag, sowie die zu treffenden Maßnahmen. Che sollte auch schnell abreisen, nach Pinar del Rio, um die Führung des Armeekorps dieser Provinz zu übernehmen. Die Anweisungen für alle waren klar und genau: Dringende Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung, der Truppen und der wichtigsten militärischen, wirtschaftlichen und politischen Objekte vor eventuellen feindlichen Luftangriffen zu treffen. Sollte eine direkte militärische Intervention seitens der USA stattfinden, den Angreifer pausenlos bekämpfen, und Bedingungen in den bergigen Gebieten des Landes schaffen, um den Guerilla-Kampf zu entfalten, falls es dem Feind gelingen sollte, irgendein Gebiet zu besetzen.
Die Fakten gaben Fidel Recht. Fast anderthalb Stunden nach Anordnung der „Kampfalarm-Stufe“ gab Präsident Kennedy mit beschuldigendem und lakonischem Ton bekannt, dass die Sowjets auf plötzliche und heimliche Art und Weise offensive Raketen-Stützpunkte in Kuba installieren, wobei er behauptete, dass deren Ziel: „(...) kein anderes sein kann, als der Aufbau einer atomaren Angriffsstreitmacht gegen die westliche Hemisphäre”, was „(...) eine klare Bedrohung des Friedens und der Sicherheit aller US-Amerikaner darstellt...”. Darauf folgend versicherte er: „Diese Handlung widerspricht auch den wiederholt öffentlich und privat von den sowjetischen Sprechern gegebenen Garantien, dass die in Kuba installierte Ausrüstungen und Bewaffnung ihren ursprünglichen Verteidigungs-Charakter beibehalten würden und dass es die Sowjetunion nicht nötig habe, und auch nicht die Absicht hätte, strategische Raketen in irgendeiner anderen Nation einzusetzen”. [1]
Mit diesen Worte, peinlich genau vorbereitet, um die öffentliche Meinung der USA und der Welt zu beeinflussen und zur psychologischen Rechtfertigung vor ihnen, hatte Präsident Kennedy seinen Streitkräften die illegalen militärischen Maßnahmen der See-Blockade gegen Kuba befohlen, welche die schlimmste Krise der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts verursachen sollten, denn nie zuvor war die Menschheit einem atomaren Krieg so nahe gewesen.
Kuba wurde nicht überrascht
Die Möglichkeit eines direkten militärischen Angriffs seitens der USA war keine Überraschung für Kuba. Die höchste politisch-militärische Führung des Landes, mit dem Comandante en Jefe an der Spitze, schätzte richtig ein, dass der Imperialismus nach der vernichtenden Niederlage am Strand in Playa Girón (Schweinebucht), auf militärischem Gebiet keine andere Wahl hatte, um die Revolution zugrunde zu richten, als den Einsatz seiner Streitkräfte bei einer direkten Invasion, und dass er alles Mögliche tun würde, um die Bedingungen dafür zu schaffen und diese zu rechtfertigen.
Infolgedessen wurden alle Maßnahmen zur Gewährleistung der nationalen Sicherheit und zur Erhöhung der Verteidigungsbereitschaft des Landes getroffen. Die Revolutionären Streitkräfte, ohne den Guerilla-Geist ihrer Herkunft zu verlieren, erfuhren wesentliche Veränderungen in ihrer Struktur und organischen Zusammensetzung.
Die von der höchsten Führung der Revolution erarbeitete kubanische Strategie basierte auf der Gründung eines Systems der nationalen Sicherheit unter massiver Beteiligung der gesamten Bevölkerung, um so im Falle eines direkten militärischen Angriffs seitens der USA einen unüberwindbaren Widerstand zu leisten, der dazu fähig ist, dem Angreifer einen solch hohen Preis an Menschenleben und Mitteln abzufordern, den die jeweils an der Macht befindlichen Politiker jenes Landes nicht zu zahlen bereit wären.
Diese gerechte Anstrengung der Revolution war nicht vergeblich. Die US-Regierung führte ihren heimlichen Krieg gegen Kuba weiter, und mit dieser Absicht wurden neue Angriffspläne erarbeitet und die verborgenen und subversiven Handlungen intensiviert. Im November 1961 schuf die US-Regierung ein neues Projekt, das Operation Mangoose bezeichnet wurde, dessen Durchführung bis 1962 dauern sollte. Dieses hat alle möglichen Formen von Aggression eingeschlossen: Wirtschaftsblockade, politisch-diplomatische Isolierung, interne Subversion, Mordversuche an kubanischen Führungspersönlichkeiten – insbesondere an Fidel Castro -, psychologischer Krieg und schließlich die militärische Invasion.
Die Aufstellung von sowjetischen Raketen in Kuba.
Diese konterrevolutionäre Handlungsweise der USA ließ die Möglichkeit eines direkten Angriffs auf das Land im Frühling jenes Jahres erkennen und diente als Argument zur Rechtfertigung des sowjetischen Vorschlages, in Kuba Raketen mittlerer und kurzer Reichweite aufzustellen. Diese Initiative, die in der damaligen obersten Führungspersönlichkeit der Sowjetunion, Nikita S. Chruschtschow, ihren Hauptmentor hatte, war auch sehr eng mit jener Bedrohung für die Sicherheit der UdSSR verbunden, welche die Installation von Jupiter-Raketen-Stützpunkten der USA in der Türkei und in Italien bedeuteten. „Wir müssen es ihnen mit der gleichen Münze heimzahlen, ihnen ihr eigenes Hausmittel zu kosten geben und sie dazu zwingen, am eigenen Leibe zu empfinden, was es bedeutet, von Atomwaffen kollimiert zu leben“, [2] wiederholte Chruschtschow zu verschiedenen Gelegenheiten gegenüber seinen engsten Mitarbeitern. Nach einem Beratungs- und Diskussionsprozess im engeren Kreis der höchsten sowjetischen politischen und militärischen Führung wurde vereinbart, den Vorschlag der kubanischen Führung zu unterbreiten.
Ende Mai 1962 wurde diese Initiative der höchsten Führung der kubanischen Revolution vorgelegt, die nach einer ausführlichen Analyse entschied, sie zu akzeptieren, da diese Maßnahme ein wichtiger internationalistischer Beitrag Kubas zur Verstärkung der Verteidigungsfähigkeit des gesamten sozialistischen Lagers sein würde, und in der Tat zur Verteidigung des Landes beitragen würde, weil dies ein wichtiges Abschreckungsmittel war.
Beim Überdenken dieser Ereignisse hat der Comandante en Jefe erklärt, das er diesen Vorschlag sofort als etwas empfunden hat, dass die Verteidigungskraft des ganzen sozialistischen Lagers verbessern bzw. zu dieser beitragen würde. Aus dieser Sicht neigte er dazu, ihn zu akzeptieren, obwohl er davon überzeugt war, dass die Raketen nicht unerlässlich waren, um Kuba zu verteidigen, denn mit einem militärischen Pakt, der ausdrücklich aussagte, dass ein bewaffneter Angriff auf das Lande einem Angriff auf die UdSSR entsprechen würde, hätte man die gleichen Ergebnisse erzielen können. Und er präzisierte: „Uns haben die Raketen nicht gefallen. Wäre es ausschließlich um unsere Verteidigung gegangen, hätten wir die Projektile nicht akzeptiert”. [3] Bei ihrer Zustimmung zum sowjetischen Vorschlag äußerte die kubanische Führung die Notwendigkeit, eine militärische Vereinbarung auszuarbeiten, und sie zum angebrachten Zeitpunkt bekannt zu geben.
Chruschtschow war der Meinung, die Vereinbarung nicht zu veröffentlichen, bis die Raketen stationiert wären, und vertraute darauf, dass der Transport und die Aufstellung dieser Ausrüstung heimlich und im Verborgenen erfolgen könnten. Im Gegensatz zu Fidel und Raúl, die daran zweifelten, dass die US-Nachrichtendienste sie nicht aufspüren würden, als sie detaillierter über die Größenordnung der ganzen Operation und die Größe der Raketen erfuhren. Deshalb besuchte der Verteidigungsminister im Juli die UdSSR, um die Details des militärischen Abkommens und die Operation zu diskutieren. Er hatte den Auftrag des Comandante en Jefe erhalten, Chruschtschow direkt danach zu fragen, was geschehen würde, wenn die Operation enthüllt würde, bevor sie abgeschlossen wäre. Die Absicht war, ihn vor solch einer Situation zu warnen. Die Antwort des sowjetischen Führers war nicht sehr überzeugend: Sollte so etwas passieren, würde er die Ostsee-Flotte nach Kuba schicken.
Von Ende Juli bis Oktober 1962 wurde ein starkes sowjetisches Militär-Kontingent in Kuba aufgestellt, das aus ca. 42 000 Militärangehörigen und jeder Art Waffengattungen und Streitkräften bestand. Das Eintreffen dieser Mittel in Kuba rief seit Mitte August einen wachsenden Skandal bei der Presse und in den politischen Kreisen der USA hervor. Die treffende Beurteilung von Fidel sagte die Entstehung einer gefährlichen Krise voraus.
Unter diesen Umständen traf sich der Comandante en Jefe mit der höchsten politischen und militärischen Führung Kubas, um die Zweckmäßigkeit zu prüfen, durch die sofortige Veröffentlichung der militärischen Vereinbarung den beginnenden US-Propaganda-Kampagnen entgegenzuwirken, da die Gültigkeit, Gerechtigkeit und Legalität dieser Vereinbarung unbestreitbar waren. Aus diesem Grund hat er vereinbart, Comandante Ernesto Che Guevara und Kapitän Emilio Aragonés nach Moskau zu schicken, um diese Ansicht direkt mit Nikita S. Chruschtschow zu diskutieren. Erneut hat der sowjetische Führer die kubanische Warnung gering geschätzt.
Der sowjetischen Führung sind schwere politische und militärische Fehler unterlaufen, als sie versuchte, die Operation geheim zu halten, anstatt auf der Basis des Rechts von Kuba, jene Maßnahmen zu treffen, die seine Sicherheit gewährleisten, dem US-amerikanischen Druck die Stirn zu bieten, griff sie auf den Betrug und die Lüge zurück.
Zum Beispiel, verbreitete die Presseagentur TASS am 11. September 1962 eine Erklärung der sowjetischen Regierung, die die Absicht bestätigte, Kuba militärische Unterstützung im Falle eines Angriffes zu leisten, und die USA aufforderte, Besonnenheit zu zeigen. Aber paradoxerweise behauptete diese: „... die Sowjetunion braucht jene Mittel, über die sie verfügt, um die Aggression zurückzuweisen, um den Gegenschlag zu versetzen, in kein anderes Land, zum Beispiel Kuba, zu bringen”. [4] Diese ungeschickte und falsche politische Handhabung diente der US-Regierung als Vorwand dafür, das nicht zu Rechtfertigende zu rechtfertigen: die Verwendung von solchen militärischen Handlungen wie der See-Blockade gegen Kuba und andere Maßnahmen mit dem gleichen Charakter, wenn sie für die Erreichung ihrer Absichten notwendig wären. Ganz anders war die Handlungsweise der kubanischen Führung. Von Anfang an stellte sie sich der US-Propaganda auf der Grundlage der legalen und moralischen Voraussetzung, dass Kuba als souveräner und unabhängiger Staat über die Bewaffnung verfügen kann, die es zu seiner Verteidigung für zweckmäßig hält.
Zu der ungeschickten politischen Handhabung müssen außerdem Inkonsequenzen im militärischen Bereich hinzugefügt werden. Die Sowjets hatten zweckmäßigerweise Luftabwehr-Raketeneinheiten im ganzen Land aufgebaut, wenn diese korrekt eingesetzt worden wären, hätten sie ein starkes Abschreckungsmittel dargestellt, um zu vermeiden, dass die US-Luftwaffe Aufklärungsflüge über kubanischem Territorium durchführen konnte und somit das Geheimnis, das sie um jeden Preis hüten wollten, gewahrt. Außerdem haben sie keine richtige Tarnung und Verbergung der in Kuba aufgestellten Raketen vorgenommen. Die schlechten klimatischen Bedingungen, die in den Monaten September und anfangs Oktober herrschten, trugen dazu bei, dass die in Bau befindlichen Raketenstellungen nicht frühzeitig entdeckt wurden.
Die Krise bricht aus
Am 14. Oktober, als sich die klimatischen Bedingungen verbesserten, fand der Aufklärungsflug eines U2-Flugzeuges statt, das die Standorte der Raketen mittlerer Reichweite in der westlichen Region fotografierte. Am 16. wurde Kennedy über diesen Fund informiert. Eine Woche lang saß die höchste politisch-militärische US-Führung zusammen, um über die Art und Weise der Vernichtung dieser Standorte zu entscheiden, ob durch eine See-Blockade, Luftangriffe, oder die Invasion in Kuba. Am 22. Oktober gab der US-Präsident der Öffentlichkeit seine Entscheidung bekannt, die See-Blockade aufzuerlegen und forderte den bedingungslosen überwachten Rückzug der sowjetischen Raketen.
Der Comandante en Jefe erschien am 23. Oktober abends in einer kubanischen Fernseh- und Rundfunksendung, um dem Volk die bestehende Lage zu erklären und die vom US-Präsidenten ausgesprochenen Beschuldigungen zu widerlegen. Fidel betonte deutlich, dass die kubanische Regierung nicht die Verpflichtung habe, dem Nachbarn im Norden Rechenschaft abzulegen, und dass jenes Land kein Recht dazu habe, darüber zu entscheiden, welche Art und Anzahl von Waffen Kuba haben dürfe. Er machte kategorisch darauf aufmerksam, dass die entsprechenden Maßnahmen getroffen worden waren, um jeder Art direkter Aggression standzuhalten und diese abzuwehren. Er widersetzte sich auch der Absicht Kennedy's, das Land einer Inspektion zu unterwerfen, weil „(...) wir niemals auf das souveräne Vorrecht verzichten werden, dass wir diejenigen sind, die innerhalb unserer Grenzen entscheiden (...) und niemand weiter ”. [5]
Die öffentlichen und geheimen Nachrichten, die an diesem 23. Oktober aus Moskau in Kuba eingingen, zeigten die Entschlossenheit der sowjetischen Führung, die Verwirklichung der US-Handlungen nicht zu gestatten und den US-Forderungen nicht nachzukommen. Uns, den Kubanern, war klar, dass die Aufgabe darin bestand, sich gut vorzubereiten, um standhaft der imperialistischen Aggression zu widerstehen und so wurde es gemacht.
Am Vormittag des 24. hatte der Comandante en Jefe eine Zusammenkunft mit einer Gruppe führender Befehlshaber und Offiziere. Nachdem er die Berichte über die Erfüllung der Maßnahmen zur Verteidigung des Landes angehört hatte, ging er dazu über, die wichtigsten, auf die Verteidigung des Landes im Falle von Luftangriffen bezogenen Aspekte zu analysieren. Fidel erklärte, dass nicht gestattet werden dürfe, dass die Flugzeuge ungestraft fliegen können. Er wies an zu untersuchen, an welchen Orten es erforderlich war, die Luftabwehr zu verstärken und im Falle von Tiefflügen zu schießen.
Am Ende der Sitzung präzisierte der Revolutionsführer die Notwendigkeit, ohne eine Minute zu verlieren an der Behebung der Schwachpunkte der Verteidigung zu arbeiten, denn alle Vorkehrungen, die getroffen würden, stellten einen Zeitgewinn dar. Er erteilte Anweisungen über die Maßnahmen der Luftabwehr.
Am Nachmittag besuchte Fidel eine sowjetische Boden-Luft-Raketen-Einheit im Nordosten der Hauptstadt. Dort beobachtete er die Verletzlichkeit dieser Einheiten im Falle eines Angriffs durch tief fliegende Flugzeuge. Er ordnete an, dass sofort 50 Luftabwehr-Batterien seiner Reserve verlegt wurden, um diesen Einheiten und den Standorten der Raketen mittlerer Reichweite Schutz zu bieten.
Die kubanische Führung hatte von den ersten Momenten an die Gefahren der Tiefflüge begriffen. Am Vormittag des 26. traf der Comandante en Jefe die Entscheidung, sie zu verhindern. Zu diesem Zweck ordnete er an, dass ab dem 27. auf sämtliche feindliche Flugzeuge, die im Tiefflug überqueren, das Feuer zu eröffnen ist. Diese Entscheidung teilte er in einem Kommuniqué mit.
Am Abend dieses 26. Oktober, nachdem er alle Maßnahmen getroffen und den Verteidigungsplan des Landes bis zum letzten Detail präzisiert hatte, fragte sich Fidel, was noch zu tun wäre und entschloss sich, eine Botschaft an Chruschtschow mit dem Ziel zu schreiben, ihn eindringlich zu bitten, eine unerschütterliche Haltung beizubehalten und im Falle, dass der Krieg ausbrechen sollte, keine nicht wieder gutzumachende Fehler zu machen.
Aber was weder Fidel noch irgendjemand in Kuba wusste, war, dass Chruschtschow und Kennedy auf der Suche nach einer Abmachung zwischen beiden Großmächten seit dem 25. Oktober einen geheimen Briefwechsel führten. Von diesen Briefen, wurden jene, die am 27. und 28. von Chruschtschow geschrieben worden waren, übereilt und offen über Radio Moskau übermittelt, weshalb deren Inhalt auch in Kuba bekannt wurde. In der Botschaft von Chruschtschow vom 28. verpflichtete sich der sowjetische Führer einseitig und ohne Rückfrage dazu, unter Absicherung der Überprüfung jene Waffen abzuziehen, die die US-Seite als offensiv betrachtete, und zwar gegen die vom US-Präsidenten eingegangene Verpflichtung, nicht in Kuba einzufallen und zu verhindern, dass ihre Verbündeten diesen Schritt tun.
Die Bestimmungen dieser Abmachung lösten das Problem nicht und waren für Kuba unangemessen. Am gleichen 28. teilte Fidel die Haltung der Revolution mit, die auf fünf Punkten basierte, die das Erlangen eines wahren Friedens ermöglichen würden: „(...) die Garantien, von denen Kennedy gesprochen hat, seien nicht existent, wenn neben der Einstellung der See-Blockade, die er versprach, nicht folgende Maßnahmen ergriffen werden:
„Erstens: Einstellung der Wirtschafts-Blockade und aller Maßnahmen des kommerziellen und wirtschaftlichen Drucks, die die USA überall auf der Welt gegen Kuba ausüben.
Zweitens: Einstellung aller subversiver Aktivitäten, des Abwerfens aus der Luft und der Überbringung und des Ausladens per Schiff von Waffen und Sprengstoffen, außerdem Einstellung der Organisierung von söldnerischen Invasionen, der Einschleusung von Spionen und Saboteuren. Alle diese Handlungen werden vom Territorium der USA aus und von einigen Ländern, die Helfershelfer sind, durchgeführt.
Drittens: Einstellung der Piraten-Angriffe, die ausgehend von den in den USA und Puerto Rico bestehenden Stützpunkten durchgeführt werden.
Viertens: Einstellung aller Verletzungen des Luftraumes und der Hoheitsgewässer durch US-amerikanische Kriegsflugzeuge und -schiffe.
Fünftens: Abzug des Marine-Stützpunktes von Guantánamo und Rückgabe des von den USA besetzten kubanischen Territoriums”. [6]
Es waren fünf konkrete Punkte auf ehrenvollen Grundlagen. Die US-Regierenden wollten sie nicht berücksichtigen und gleichzeitig forderten sie die Inspektion des kubanischen Territoriums als eine Art Überprüfung der sowjetischen Verpflichtung. Fidel begriff, dass diese Forderung das nachdrückliche Ziel hatte, das Land zu demütigen, das kubanische Volk moralisch zu schwächen und sein Vertrauen in die Revolution zu vermindern, sowie einen internationalen Präzedenzfall zu schaffen, der es den Supermächten erlauben würde, dies gegen jegliche schwache und kleine Nation anzuwenden. Deswegen widersetzte er sich unnachgiebig.
Obwohl es stimmt, dass die so genannte Kennedy-Chruschtschow-Abmachung eine Verhandlungslösung für die schwere Krise gefunden hatte, die die Menschheit mit dem Atomkrieg bedrohte, löste diese jedoch nicht die tiefgründigen Ursachen, die sie hervorgebracht hatten. Für Kuba war die Gefahr einer militärischen Aggression nicht vorbei. Es folgten neue Tage voller Spannung. In jener schwierigen Konjunktur verteidigte der Comandante en Jefe mit Würde und Mut die Selbstbestimmung und Souveränität des Landes gegenüber dem Vorgehen der beiden Großmächte jener Zeit. Er begegnete mit Standhaftigkeit der Politik der Übermächtigkeit, Arroganz und Gewalt der USA und diskutierte mit der Sowjetunion auf der Basis der Vernunft und des Rechts des kubanischen Volkes jene Diskrepanz, die aufgrund der zur Lösung des Konflikts verwendeten einseitigen Art und Weise entstanden war .
Ein näherer Blick auf jene Ereignisse erlaubt uns, einen objektiveren und in höherem Maße gelassenen Überblick über ihre Lehren und ihre Bedeutung für Kuba, denn dadurch wurde das Konzept von Fidel bekräftigt, dass die Sicherheit des Landes an erster Stelle von jenem Mut, jener Entschlossenheit und jenem Willen des gesamten vereinten Volkes abhängt, um an seiner Verteidigung teilzunehmen, und dass die weltweite Solidarität eine bedeutende Rolle in dem gleichen Maße spielen kann, wie die Nation imstande ist, der imperialistischen Aggression standzuhalten.
Aus den grandiosen und traurigen Tagen der Raketenkrise, wie Che sie bezeichnete, wurden bittere, aber lehrreiche Erfahrungen gesammelt. Die Fähigkeit und die Entschlossenheit zum Sieg des kubanischen Volkes, das seinen Führer unterstützte, der sich so außerordentlich hervorgetan hat, wurden nachgewiesen.
[1] John F. Kennedy: Thirteen Days, S. 129 und 131.
[2] Alexander Alexejew: Artikel aus der Wochenzeitschrift „Эхо планеты“ Nr. 33, Moskau, November 1988, S. 26-33.
[3] Fidel Castro Ruz: Transkriptionen der Dreiseitigen Konferenz über die Kubakrise, Havanna, Januar 1992.
[4] Noticias de Hoy (Tagesnachrichten), Havanna, Donnerstag, den 12. September 1962.
[5] Fidel Castro Ruz: „Erklärungen im kubanischen Rundfunk und Fernsehen”, Zeitung Noticias de Hoy (Tagesnachrichten ), 24. September 1962, S. 5.
[6] Ibidem, S. 10.