Reden und Ansprachen

Ansprache von Dr. Fidel Castro Ruz, Präsident des Staatsrates und des Ministerrates der Republik Kuba, bei einer Kuba-Solidaritätsveranstaltung in der Riverside Church in Harlem, New York, am 8. September 2000

Datum: 

08/09/2000

Liebe Brüder und Schwestern des Empfangskomitees;

Liebe hier versammelte Brüder und Schwestern;

Liebe Brüder und Schwestern, die sich in einem Saal in der Nähe zusammengefunden haben;

Liebe Brüder und Schwestern, die uns von der Straße aus zuhören können, weil viele nicht in diesen Raum der Kirche eintreten konnten;

Ihr wart mir gegenüber äußerst großzügig und liebenswürdig.

Als hier einige Dinge erwähnt wurden, aufgrund derer ihr denjenigen geantwortet habt, die bestimmte Fragen stellten, die im Zusammenhang standen mit unserer Anstrengung für unsere Kinder und für unser ganzes Volk, sowie mit den Anstrengungen, die wir auch für andere Kinder und andere Völker an verschiedenen Orten der Welt unternommen haben – Dinge, an die wir niemals erinnern, und wir haben auch gar keinen Grund dafür, an sie zu erinnern oder sie anzusprechen -, kam mir beim Zuhören von all dem eine Idee in den Sinn. Ich sage folgendes: All dies hat in der Tat einen Namen, und der lautet "Verletzung der Menschenrechte" (Beifall und Rufe), womit versucht wird, eine Blockade und einen Wirtschaftskrieg zu rechtfertigen, die bereits mehr als 40 Jahre andauern.

Als ihr "Happy Birthday" sangt, erinnerte ich mich auch am viele Dinge, und es kam mir die Idee, daß es vielleicht genauer gewesen wäre, "Happy Good Luck, Fidel" zu sagen.

Ich habe dieses Lebensalter wie durch ein Wunder erreicht (Beifall und Rufe), und zwar nicht deswegen, weil wir eine Reihe von Jahren gegen die Tyrannei in unserem Land gekämpft haben oder wegen der Teilnahme an einigen Kriegshandlungen, sondern wegen all dem, was nach dem Sieg der Revolution kam. An gute Zuhörer muss man nur wenige Worte richten (Beifall), und ihr seid nicht nur gute, sondern auch sehr noble und intelligente Zuhörer.

Ich muß sagen, daß ich mich bei meiner Ankunft hier an meine vier Besuche bei den Vereinten Nationen erinnerte. Beim ersten Mal warfen sie mich aus dem Hotel in der Nähe der UNO. Ich mußte zwischen zwei Optionen auswählen: ein Feldlager im Garten des UNO-Gebäudes zu errichten – und das erschien mir als erst kurz zuvor aus den Bergen gekommenem Guerrillero nicht sehr schwierig (Beifall) -, oder nach Harlem zu gehen, wo mich eines der Hotels dieses Stadtteils eingeladen hatte (Beifall). Ich entschied mich sofort: "Ich gehe nach Harlem, denn dort befinden sich meine besten Freunde" (Beifall und Rufe).

(Aus dem Publikum wird ihm gesagt: "Mein Haus ist auch dein Haus!") (Beifall)

Vielen Dank. So sagten sie es mir in vielen schönen Wohnhäusern, in denen sehr reiche Leute lebten. Sie hatten ein Schildchen, auf dem eben dies stand. Danach, als wir etwas für die Armen machten, entfernten sie die Schilder für immer (Beifall). Bei dir nehme ich die Großzügigkeit der einfachen Leute wahr.

Ich erinnere mich jetzt nicht genau daran, was ich 1979 bei meinem zweiten Besuch in New York machte. Ich weiß nur, dass ich dort im Namen aller armen Länder der Welt sprach. Beim dritten Mal kehrte ich nach Harlem zurück, und nicht nur nach Harlem, sondern auch in die Bronx (Beifall), wie ihr hier am heutigen Abend erwähnt habt.

Dieses Mal wurde mir die Ehre zuteil, daß man mich in eine Zone eingeladen hat, die glaube ich Riverside heißt. Ist das so? (Es wird ihm bestätigt) Gemäß meinem Verständnis befinde ich mich am Ufer eines Flusses (Lachen); aber außerdem inmitten eines Flusses, nämlich des Flusses der gesündesten und nobelsten Freundschaft (Beifall).

Ihr werdet verstehen, daß es für mich leicht ist, New York zu besuchen, dafür gibt es unzählige Beweise. Und dieses Mal war es ohne Zweifel keine leichte Reise und es gab viele Landsleute, die sich Sorgen machten. Wir durchleben eine Spezialperiode, und ich beziehe mich dabei nicht auf die Spezialperiode Kubas, zu der das Land durch die doppelte Blockade gezwungen ist, sondern auf die Spezialperiode von Präsidentschaftswahlen (Lachen). Außerdem befinden wir uns inmitten vieler Drohungen aller Art, die von meiner Ermordung bis zu meiner Inhaftierung in einem US-amerikanischen Gefängnis reichen.

Aber es handelte sich um ein wichtiges Gipfeltreffen. Sie nannten es den Milleniumsgipfel, und in der Tat beginnen wir ein ungewisses Jahrtausend. Und mehr noch: für diejenigen, die wir der Ansicht sind, daß das 20. Jahrhundert am 31. Dezember dieses Jahres endet, ist die Menschheit dabei, das 21. Jahrhundert unter äußerst schwierigen und äußerst beunruhigenden Bedingungen zu beginnen. Ich mußte auf jeden Fall kommen, und glaubt mir, ich war sehr glücklich, als ich nach komplizierten Formalitäten zum Erlangen des Visums endlich das Flugzeug bestieg.

Wie ihr wißt, kam mit uns der Genosse Alarcón (Beifall und Rufe), der an einer Konferenz der Präsidenten der Parlamentarischen Versammlungen oder Kammern aller Länder der Welt teilnehmen sollte. Er hatte vor fast einem Monat das Visum beantragt, es wurde ihm verweigert und dann schließlich zusammen mit meinem Visum – da er zur Delegation beim Gipfeltreffen gehörte – etwa 24 oder 48 Stunden vor der Reise gewährt. Ich muß hinzufügen, daß ich zu jedem Zeitpunkt gut behandelt wurde und daß das US-amerikanische Sicherheitspersonal, das uns betreute, diese Arbeit mit Liebenswürdigkeit mit großer Effizienz verrichtete, es ist gerecht, dies so anzuerkennen (Beifall).

Sie gaben uns fünf Minuten, um beim Gipfeltreffen zu sprechen. Wie ihr verstehen werdet, ist dies ziemlich wenig Zeit für enzyklopädische Probleme, oder besser gesagt für eine enzyklopädische Liste von Problemen, doch ich unternahm die Anstrengung und es gelang mir, sieben Minuten und drei Sekunden zu sprechen (Beifall), wobei ich trotz allem einer derjenigen war, die am kürzesten redeten.

Mit diesem Training komme ich heute abend hierher (Rufe), aber ich weiß, daß ihr mir mehr als sieben Minuten und drei Sekunden zugesteht (Beifall und Rufe).

Ich legte ein Tuch auf einige Lampen, welche die Zeit anzeigten, und ich tat dies aus zwei Gründen: Erstens als eine Art von Protest dagegen, daß die Staats- und Regierungschefs dieser Folter unterzogen werden, die darin besteht, daß zunächst eine gelbe Lampe aufleuchtet und danach eine rote, die sie darauf hinweist, daß sie die fünf Minuten bereits ausgeschöpft haben – es geschieht nichts, aber man erleidet eine Demütigung -, und zweitens deswegen, weil ich meine, daß das Rednerpult der Vereinten Nationen nicht zu einer Ampel werden darf (Lachen und Beifall). Es ist klar, daß man die Redezeit bei einer so großen Zahl von Rednern begrenzen muß, um nicht so viele Probleme für New York zu schaffen und hier eine oder zwei Wochen versammelt zu sein, aber ist anzunehmen, daß es sich nicht um Vorschulkinder handelt und daß sie sich sehr kurz fassen können, wenn man mit ihnen spricht und es ihnen erklärt.

Ich habe an vielen wichtigen Treffen mit einer sehr eng gefaßten zeitlichen Begrenzung teilgenommen. Es gibt einige, die mit oder ohne Ampel immer weit über die zugewiesene Redezeit hinaus reden. Ich habe immer versucht, mich an die vorgegebene Redezeit anzupassen, denn die schlimmste Strafe für denjenigen, der zu sehr ausschweift, besteht in der Ungeduld aller anderen, die darauf warten, an der Reihe zu sein, und so gut seine Ausführungen auch seien, die Leute kritisieren ihn auf jeden Fall. Es ist nicht politisch, bei dieser Art von Veranstaltung zu sehr auszuschweifen, Und wenn wir jetzt nicht bei den Vereinten Nationen sind, so habe ich doch die Absicht, mich auf wesentliche Fragen zu beschränken.

Warum sagte ich euch, daß dies meiner Ansicht nach ein sehr wichtiges Treffen war? Weil die Welt wirklich eine katastrophale Situation durchleidet. Glaubt nicht denjenigen Experten, die Optimismus vorgaukeln, oder denjenigen, die das ignorieren, was in Wirklichkeit auf der Welt geschieht. Ich habe unanfechtbare Daten über die Situation der Dritten Welt, der Länder, aus denen viele von euch stammen, oder von Ländern, die viele US-Amerikaner durch Besuche kennen und in denen drei Viertel der Menschheit lebt. Ich habe einige Dokumente mitgebracht und eine Reihe dieser Angaben ausgewählt. Das werde ich euch jetzt vorlesen.

Ich kann zum Beispiel sagen, daß in mehr als 100 Ländern das Einkommen pro Einwohner niedriger ist als vor 15 Jahren.

In der Dritten Welt gibt es 1,3 Milliarden Arme. Das bedeutet. Daß einer von drei Bewohnern dieser Länder in Armut lebt.

Mehr als 820 Millionen Menschen auf der Welt leiden an Hunger. Von diesen leben 790 Millionen in der Dritten Welt.

Mehr als 840 Millionen Erwachsene sind weiterhin Analphabeten, die überwiegende Mehrheit davon in der Dritten Welt.

Ein Bewohner der Dritten Welt hat bei der Geburt eine 18 Jahre niedrigere Lebenserwartung als ein Mensch in der industrialisierten Welt.

Die Lebenserwartung in Schwarzafrika erreicht kaum 48 Jahre. Das sind 30 Jahre weniger als in den entwickelten Ländern.

Man schätzt, daß 654 Millionen Menschen, die heute in den Ländern des Südens wohnen, nicht das 40. Lebensjahr überleben werden – fast die Hälfte der Lebensjahre, die ich bereits habe.

99,5 % aller Todesfälle von Müttern bei der Geburt geschehen in der Dritten Welt. Das Müttersterblichkeitsrisiko in Europa beläuft sich auf einen Todesfall bei 1 400 Geburten. In Afrika gibt es dieses Risiko bei einer von sechs Geburten. Ich spreche von Risiko, denn die Anzahl derjenigen Mütter, die wirklich sterben, ist selbstverständlich geringer. Doch die Zahl der Mütter, die in Afrika pro 10 000 Geburten sterben, ist nicht weniger als einhundert Mal höher als die in Europa.

Mehr als 11 Millionen Mädchen und Jungen unter fünf Jahren sterben jedes Jahr in der Dritten Welt aufgrund von Krankheiten, die in der überwiegenden Zahl der Fälle vermeidbar sind. Es handelt sich um eine Zahl von mehr als30 000 pro Tag, das heißt 21 pro Minute. Es sind seit Beginn dieser Veranstaltung vor etwa 45 Minuten also bereits mehr als Eintausend.

In der Dritten Welt sterben 64 von 1 000 lebend geborenen Kindern vor dem ersten Lebensjahr.

Zwei von fünf Kindern in den Ländern der Dritten Welt leiden an zurückgebliebenem Wachstum und eines von drei Kindern hat ein zu niedriges Gewicht für sein Alter.

Ich sprach von 64 von 1 000 als Durchschnittswert, wobei ich alle Länder der Dritten Welt mit einbezogen habe, einschließlich Kuba, das einen Wert von etwas weniger als sieben aufweist, doch es gibt zahlreiche Länder in Afrika, in denen jährlich mehr als 200 Kinder pro 1 000 Lebendgeborenen vor dem Erreichen des fünften Lebensjahres sterben.

Es gibt noch andere moralische Aspekte, die schrecklich hart sind.

Zwei Millionen Mädchen werden dazu gezwungen, die Prostitution auszuüben.

Etwa 250 Millionen Kinder unter 15 Jahren sind zum Arbeiten gezwungen, um zu überleben.

Von den elf Infektionen mit dem AIDS-Virus, die jede Minute auf der Welt stattfinden, geschehen zehn in den schwarzafrikanischen Ländern, wo die Gesamtanzahl der Infizierten bereits 25 Millionen Menschen überschreitet.

Dies geschieht, während auf der Welt jedes Jahr 800 Milliarden Dollar für Militärausgaben, 400 Milliarden Dollar für Drogen und eine Billion Dollar für kommerzielle Werbung investiert werden.

Die Außenverschuldung dieser Dritten Welt belief sich Ende 1998 auf 2,4 Billionen Dollar – vier Mal mehr als diejenige im Jahr 1982, vor nur 18 Jahren.

Zwischen 1982 und 1998 bezahlten die besagten Länder mehr als 3,4 Billionen Dollar für den Schuldendienst, das heißt fast eine Billion mehr als der aktuelle Gesamtbetrag der Schulden. Weit davon entfernt abzunehmen, stieg die Verschuldung innerhalb von 16 Jahren um 45 %.

Trotz der neoliberalen Konzeption über die Chancen der Handelsöffnung leisteten die unterentwickelten Länder mit 85 % der Weltbevölkerung im Jahr 1998 nur 34,6 % der weltweiten Exporte, weniger als 1953, trotz der Tatsache, daß ihre Bevölkerung sich mehr als verdoppelte.

Während 1992 die Leistungen der staatlichen Entwicklungshilfe 0,33 % des Bruttoinlandsprodukts der entwickelten Länder entsprachen, verringerte sich diese Proportion sechs Jahre später im Jahr 1998 auf 0,23 %, weit entfernt von den von den Vereinten Nationen als Ziel ausgegebenen 0,7 %. Das bedeutet, daß die reiche Welt reicher geworden ist und der Beitrag zur Entwicklung dieser immensen armen Menschheit jedes Jahr zurückgeht. Die Solidarität und die Verantwortung verringern sich Jahr für Jahr.

Andererseits beläuft sich der tägliche Umfang der Transaktionen des Kaufs und Verkaufs von Devisen auf Weltebene zur Zeit auf eine Summe, die etwa 1,5 Billionen Dollar entspricht. Diese Zahl beinhaltet nicht die Operationen der sogenannten Finanzderivate, die eine etwa gleich große zusätzliche Summe ausmachen. Das bedeutet, daß täglich spekulative Finanzoperationen mit einem Umfang von 3 Billionen Dollar vonstatten gehen. Wenn eine Steuer von 1 % auf alle spekulativen Finanzoperationen erhoben würde, wäre dies mehr als genug für die nachhaltige Entwicklung, mit dem unverzichtbaren Schutz der Natur und der Umwelt aller sogenannten Entwicklungsländer, die in Wirklichkeit den Weg einer wachsenden und sichtbaren Unterentwicklung beschreiten, denn jeden Tag vergrößert sich der Unterschied zwischen den armen und den reichen Ländern, und auch die Differenz zwischen den Armen und den Reichen innerhalb der Länder wird größer.

Ich könnte euch zum Beispiel fragen, ob ihr alle zusammen mit den kleinen Ersparnissen, die ihr möglicherweise auf der Bank liegen habt – den größeren oder kleineren -, den tausendsten Teil des Vermögens zusammenbekommen könntet, das der Mann besitzt, der das meiste Geld auf der Welt hat und der freilich ein Mitbürger dieses Landes ist.

Ich habe von täglich Billionen Dollar aus spekulativen Finanzoperationen gesprochen: 3 Billionen Dollar. Was hat das mit dem Welthandel zu tun? Der gesamte Welthandel beläuft sich auf 6,5 Billionen Dollar in einem Jahr, was bedeutet, daß in diesen Börsen, von denen ihr so viel reden gehört habt, an zwei Werktagen spekulative Finanzoperationen abgewickelt werden, die etwa den monatlichen dem Welthandel erwachsenden Operationen entsprechen.

Als die Börsen entstanden, von denen ich sprach, gab es die von mir erwähnten Phänomene nicht, es ist etwas total Neues und wahrhaft Absurdes. Die spekulativen Finanzoperationen, bei denen das Geld das Geld sucht, haben absolut nichts mit der Schaffung von materiellen Gütern oder Dienstleistungen zu tun. Es ist ein Phänomen, das in den letzten 30 Jahren unkontrolliert angewachsen ist und jeden Tag mehr bis zum Absurden anwächst. Kann dieses wahnsinnige Glücksspiel Wirtschaft genannt werden? Kann dies die wahrhafte Wirtschaft aushalten, die die lebenswichtigen Bedürfnisse des Menschen befriedigen muß?

Das Geld wird schon nicht mehr hauptsächlich für Investitionen zur Produktion von Gütern verwendet. Man verwendet es für Währungen, Aktien und Finanzderivate, wobei man verzweifelt Geld sucht, direkt, mit Gebrauch von Software und den modernsten Computern, und nicht, wie es in der Geschichte geschah, mittels der produktiven Prozesse. Das ist das, was uns die prahlerische und berühmte neoliberale Globalisierung gebracht hat.

Die entwickelten Länder kontrollieren 97 % aller Patente auf der Welt, weil sie naturgemäß die besten Intelligenzen monopolisierten, die der Planet hervorgebracht hat. Lateinamerika und der Karibik haben die industrialisierten Länder in den letzten 40 Jahren eine Million Fachkräfte entzogen, ich wiederhole, eine Million Fachkräfte! Wären sie in den Vereinigten Staaten ausgebildet worden, hatte dies 200 Milliarden Dollar gekostet. Die armen Länder der Erde versorgen auf diese Weise die entwickelten Länder mit den besten Früchten ihrer Universitäten.

Ich hatte die Angaben dort auf einem Zettel, davon sprach ich bei einer Podiumsdebatte bei den Vereinten Nationen: In den letzten zehn Jahren fingen die USA 19 der 22 Physik-Nobelpreisträger ein, etwas ähnliches geschieht mit den Nobelpreisträgern der Medizin und anderer wissenschaftlicher Zweige. Das Wissen wird heutzutage als der wichtigste Faktor für die Entwicklung angesehen, und die Länder der Dritten Welt sehen sich konstant ihrer besten Talente beraubt.

Eine letzte Angabe von einigen, die ich auswählte: Kaum 1 % der 56 Milliarden Dollar, die jedes Jahr für Gesundheitsforschungen investiert werden, verwendet man für die Erforschung von Lungenentzündung, Durchfallkrankheiten, Tuberkulose und Malaria, vier der hauptsächlichen Geißeln der unterentwickelten Welt.

Die fortschrittlichsten Medikamente, mit Hilfe derer diejenigen Menschen, die die Tragödie einer Infektion mit dem AIDS-Virus erlitten, einige Jahre länger überleben können, kosten in den industrialisierten Ländern 10 000 Dollar. Das ist das, was sie kassieren; auch wenn sich die realen Produktionskosten dieser Medikamente auf etwa 1 000 Dollar belaufen.

Wir sind gut über die Tragödie unterrichtet, welche die Welt erleidet, denn eines unserer geheiligsten Prinzipien ist die Solidarität (Beifall).

Diejenigen, die nicht an den Menschen glauben, an sein Potential an noblen Gefühlen, an seine Fähigkeit zu Güte und Altruismus, können niemals verstehen, daß wir nicht nur Schmerz empfinden angesichts eines sterbenden oder leidenden kubanischen Kindes – man muß nicht nur über diejenigen sprechen, die sterben -, sondern daß wir uns auch um das haitianische, guatemaltekische, dominikanische, puertorikanische, afrikanische und aus jedem anderen Land der Welt kommende Kind sorgen (Beifall). Die menschliche Spezies wird ihren höchsten Bewußtseinsgrad erreicht haben, wenn jedes Volk dazu in der Lage ist, die Leiden der anderen Völker als seinen eigenen Schmerz zu verspüren.

Ich denke noch etwas weiter: Die Menschheit erreicht erst das Maximum ihres Bewußtseins und ihrer potentiellen Qualitäten, wenn einen Menschen der Tod des Kindes irgendeiner Familie so sehr schmerzt wie der Tod des eigenen Kindes oder des Kindes aus jeglicher anderen nahestehenden Familie (Beifall).

Ich weiß, daß viele von euch – vielleicht die überwiegende Mehrheit – Christen sind und hier befinden wir uns in einer Kirche. Nun gut, Christus predigte genau dies, und für uns bedeutet dies Nächstenliebe (Beifall). Dies erklärt die Anstrengungen, die Kuba für andere Länder im Rahmen seiner Kräfte unternommen hat. Einige der Dinge erwähntet ihr zu Beginn der Veranstaltung.

Es gibt eine Angabe, die diese Gefühle der Solidarität beweist: etwa eine halbe Million unserer Landsleute haben internationalistische Einsätze in zahlreichen Ländern in verschiedenen Teilen der Welt abgeleistet, besonders in Afrika (Beifall), als Ärzte, Lehrer, Techniker, Arbeitskräfte oder als Soldaten (Beifall).

Als alle Welt mit dem Südafrika des Rassismus und des Faschismus Handel trieb und dort investierte, stellten sich Zehntausende von freiwilligen kubanischen Kämpfern den Soldaten des Rassismus und Faschismus entgegen (Beifall).

Heutzutage sprechen alle glücklich über die Bewahrung der Unabhängigkeit Angolas, das trotzdem noch einen harten Bürgerkrieg durchleidet, und zwar durch die Schuld derjenigen, die über viele Jahre hinweg die bewaffneten Banden ausrüsteten, darunter die Apartheid-Regierung und andere Regierungen, die ich aus Respekt vor dem Ort, an dem ich mich befinde, nicht erwähne (Beifall).

Die halbe Million Freiwillige, die ihren Einsatz kostenlos erfüllten, gingen nicht dorthin, um in Erdöl, Diamanten, Mineralien oder in irgendeinem Reichtum dieses Land zu investieren (Beifall).

Kuba besitzt keine einzige Investition in den Ländern, in denen unsere Internationalisten ihre Pflicht erfüllten (Beifall); es besitzt dort weder einen Dollar Kapital noch einen Quadratmeter Land (Beifall).

Amilcar Cabral, ein großer afrikanischer Führer (Beifall), sagte eines Tages prophetische Worte, die eine unvergeßliche Ehre für uns darstellen: "Wenn die kubanischen Kämpfer zurückkehren, werden sie nur die Überreste ihrer gefallenen Genossen mitnehmen" (Anhaltender Beifall).

Niemand blockierte das schändliche Apartheid-Regime, niemand führte einen Wirtschaftskrieg gegen es; es gab keine Helms-Burton- oder Torricelli-Gesetze für das faschistische und rassistische Regime. Alle diese Gesetze und Maßnahmen wenden sie hingegen gegen das solidarische Land an, welches Kuba gewesen ist und immer sein wird.

Allein mit der Reduzierung der Kindersterblichkeit in unserem Vaterland von etwa 60 Todesfällen im ersten Lebensjahr pro 1 000 Lebendgeborenen auf etwa 7 haben wir das Leben von Hunderttausenden von Kindern gerettet; wir haben die Gesundheit aller Kinder kostenlos bewahrt, und wir haben ihnen eine Lebenserwartung von mehr als 75 Jahren garantiert (Beifall). Mehr noch, wir haben ihnen nicht nur das Leben bewahrt, sondern wir haben allen auch eine kostenlose Ausbildung garantiert (Beifall), und zwar keine egoistische und mittelmäßige Ausbildung, sondern eine solidarische und hochqualifizierte Ausbildung.

Bei einer von der UNESCO, einer UNO-Institution, durchgeführten Untersuchung wurde festgestellt, daß unsere Kinder über fast das Doppelte an Kenntnissen verfügen im Vergleich zu den durchschnittlichen Kenntnissen der Kinder in Lateinamerika (Beifall).

Wir haben gleichfalls während der Jahre der Revolution das Leben von vielen Hunderttausend Kindern in Afrika und anderen Teilen der Dritten Welt gerettet, und wir haben Aberdutzende Millionen Menschen gesundheitlich betreut. Mehr als 25 000 Beschäftigte des Gesundheitssektors haben an dieser internationalistischen Aktivität teilgenommen (Beifall). Dies nennt man "Verletzung der Menschenrechte", und deswegen müssen wir zerstört werden.

Unsere Revolution hat ihre Geschichte. Ich besäße nicht die geringste Moral, um hier zu sprechen, wenn in den mehr als 40 Jahren nur ein kubanischer Bürger von der Revolution ermordet worden wäre, wenn in Kuba nur eine einzige Todesschwadron existiert hätte, wenn es in Kuba nur einen einzigen Verschwundenen gegeben hätte; aber ich gehe noch weiter, wenn ein einziger Bürger unseres Landes gefoltert worden wäre – seht, was ich euch sage -, wenn ein einziger Bürger unseres Landes gefoltert worden wäre. Und das weiß das ganze kubanische Volk (Beifall), ein rebellisches Volk mit einem äußerst ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit. Es hätte uns keines dieser Dinge, die ich genannt habe, verziehen (Beifall), und dieses Volk ist der Revolution über mehr als 40 Jahre hinweg gefolgt und hat mit vorbildlichem Stoizismus 41 Jahre Blockade von seiten der Regierungen des politisch, wirtschaftlich, technologisch und militärisch mächtigsten Landes der Erde ertragen. Und zudem in den letzten 10 Jahren die doppelte Blockade, zu der es nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Blocks und der UdSSR kam und die uns unsere Märkte und Versorgungsquellen entzog zum Erwerb von Lebensmitteln, Treibstoff, Rohstoffen und vielen anderen lebenswichtigen Produkten, die wir mit unseren Einnahmen bezahlten, und um zu bezahlen, muß man selbstverständlich Handel treiben. Wenn man einem Land nichts abkauft, kann dieses Land über nichts verfügen, mit dem es bei dem kauft, der ihn seiner Einnahmen beraubt.

Vielleicht wird die Geschichte eines Tages zeigen, wie Kuba das Wunder vollbringen konnte, durchzuhalten (Beifall); doch währenddessen versichere ich euch, daß kein anderes Land Lateinamerikas und der Karibik dies hätte ertragen können.

Dieses Land, in dem wir uns gerade befinden, ist eines der wenigen Länder, das sich mit fast allen lebenswichtigen Elementen selbst versorgen könnte. Aber das ist nicht die Lage eines kleinen isolierten Landes, oder eines mittelgroßen oder selbst großen Landes Lateinamerikas. Keines hätte auch nur 15 Tage durchgehalten und wir haben 10 Jahre durchgehalten (Beifall), und seit bereits einigen Jahren haben wir Schritt für Schritt nicht nur erreicht zu überleben, sondern auch unsere wirtschaftliche Produktion allmählich zu steigern, wenn wir auch noch nicht die Werte erreicht haben, die wir vor der doppelten Blockade hatten, die uns zu dem zwang, was wir eine Spezialperiode nennen.

Es genügt, euch zu sagen, daß der tägliche Konsum von 3 000 Kalorien – mehr oder weniger gleichmäßig – von einem Tag auf den anderen auf 1 800 Kalorien sank. Jetzt bewegen wir uns etwa um die 2 400 Kalorien.

Doch nicht einmal dies hindert uns daran, das zu tun, was wir taten. In den letzten 10 Jahren haben wir 30 000 Ärzte in unser Gesundheitsnetz eingegliedert, denn es wurde keine einzige Poliklinik, keine einzige Schule und kein einziges Klassenzimmer geschlossen (Beifall).

Niemals kam es in unserem Land zu den sogenannten Schocktherapien, die Krankenhäuser, Schulen, die soziale Sicherheit und die lebenswichtigen Ressourcen für Menschen mit geringerem Einkommen hinwegfegen. Wir hielten durch und es wurde nicht eine einzige jener Maßnahmen angewandt, und diejenigen, die wir anwandten, um einer so schwierigen Situation zu begegnen, wurden mit dem ganzen Volk diskutiert, nicht nur in unserem Parlament. Unser Parlament existiert, obwohl viele Leute dies ignorieren, und es existiert mit einem demokratischen Geist, auf den wir stolz sind, denn es sind die Bewohner der Stadtviertel, die bei öffentlichen Versammlungen die Kandidaten für den Posten des Abgeordneten auf Wahlkreisebene aufstellen und sie durch allgemeine und geheime Wahl wählen. Keiner wird von der Partei aufgestellt. Sie werden frei von den Nachbarn der Viertel aufgestellt – nicht mehr als acht und nicht weniger als zwei Kandidaten, um daraus einen auszuwählen – und unter Berücksichtigung ihrer Verdienste und ihrer Fähigkeit gewählt.

Diese Volksvertreter auf Stadtteilebene bilden die Kreisversammlungen, und diese Kreisversammlungen, die aus der Basis hervorgegangen sind, stellen die Kandidaten für die Abgeordnetensitze in der Provinzversammlung und der Nationalversammlung auf, die ebenfalls durch direkte und geheime Wahl gewählt werden und mehr als 50 % der Stimmen erhalten müssen.

Und fast die Hälfte dieser Nationalversammlung, zur der Alarcón und einige Genossen der Delegation, die ich von hier aus sehe, gehören, setzt sich aus diesen Volksvertretern der Stadtteilebene zusammen, die, wie ich erklärte, vom Volk aufgestellt und gewählt wurden, ohne irgendeinen Eingriff unserer Partei, deren einzige Mission darin besteht, die Einhaltung der von unserer Verfassung aufgestellten Normen und unserer Gesetze im Zusammenhang mit dem Wahlprozeß zu garantieren.

Niemand muß einen einzigen Cent ausgeben, nicht einen einzigen (Beifall). Die Kandidaten auf Stadtteilebene bestreiten die Wahlkampagne gemeinsam, und ebenso gemeinsam bestreiten sie die Kandidaten für die Nationalversammlung , die von den Kreisen aufgestellt werden, und zwar gemäß der Größe jedes Kreises, wenn auch jeder von ihnen über mindestens zwei Abgeordnete im Parlament verfügen muß. Das ist die Vorgehensweise, die Methode, die wir entworfen haben, um das demokratische Prinzip zu garantieren.

Aber ich sagte euch, daß alle Maßnahmen, die wir zum Begegnen der schwierigen Situation der Spezialperiode anwandten, diskutiert wurden, und zwar zunächst an der Basis, mit Arbeitern, Bauern, Studenten und den weiteren Massenorganisationen, in Hunderttausenden von Versammlungen, und nachdem sie danach in der Nationalversammlung analysiert wurden, kehrten sie erneut zur Basis zurück, um dort diskutiert zu werden, bevor sie schließlich endgültig von der Nationalversammlung beschlossen wurden.

Diese Maßnahmen schützten alle und garantierten für alle Sicherheit. Es wurden hauptsächlich alkoholische Getränke, Zigarren und alle Art von Luxusgütern besteuert. Niemals Medikamente, Lebensmittel und andere für unsere Bevölkerung lebenswichtigen Dinge, und trotz allem konnten wir für jedes der Kinder bis zum siebten Lebensjahr den täglichen Liter Milch garantieren (Beifall). Wißt ihr zu welchem Preis? Gemäß dem offiziellen Wechselkurs zu 1,5 US-Cent, eineinhalb Cent.

Wir haben noch immer Rationierung und wir werden sie weiter haben in bezug auf eine Reihe von Lebensmitteln; aber ein Pfund Reis, das auf dem Weltmarkt 12 bis 15 Cent kostet- ohne den Transport von einem entfernten Ort einzurechnen, weil wir ihn nicht dort erwerben können, wo er am nächsten ist, und ohne Einbeziehung der Ausgaben für internen Transport, Verteilung und alles weitere -, wird der Bevölkerung – das Pfund Bohnen verkauft man zum Preis der Milch, 1,5 US-Cent – für etwas weniger als 1,5 US-Cent verkauft (Beifall).

In unserem Land wird für die Wohnungen, in denen die Mehrheit der Bürger leben, 0 US-Cent bezahlt (Beifall), denn heute befinden sich im Einklang mit den revolutionären Gesetzen mehr als 85 % der Wohnungen im Besitz der Familie, die sie bewohnt (Beifall), und sie bezahlen nicht einmal Steuern. Für die restlichen Wohnungen, die sich an entlegenen Orten befinden, die für die Industrie und die Dienstleistungen unentbehrlich sind, wird eine äußerst bescheidene Miete bezahlt oder die Familien erhalten sie zum Nießbrauch. Wenn jemand sagt, daß in Kuba ein bestimmter Bürger 15 oder 20 Dollar pro Monat verdient, dann sage ich deshalb folgendes: Man muß hierbei eine bestimmte Summe hinzufügen, die die Bezahlung einer Wohnung in New York kosten würde, einige Hundert Dollar für Ausgaben bei der Ausbildung, weitere Hunderte Dollar für Ausgaben bezüglich der Gesundheit, und ich füge andere wachsende Ausgaben hinzu. Das heißt nicht, daß wir nicht arm wären oder daß wir keine Bedürfnisse hätten; aber wir haben die Armut und die Mittel mit der größtmöglichen Gerechtigkeit verteilt (Beifall).

Zwei oder drei Beispiele mehr. Der Besuch eines wichtigen Baseballspiels – zum Beispiel in Baltimore, gemäß unserer Erfahrung – kostet im Durchschnitt 19 US-Dollar. Einen kubanischen Bürger kostet dies gemäß dem Wechselkurs 5 US-Cent . Der Eintritt ins Kino oder ein Theater – wie ihr wißt, kostet dies in New York zwischen 6 und 8 US-Dollar – kostet einen Kubaner 5 US-Cent. Der Besuch eines Museums – diejenigen, die bezahlen, denn unsere Kinder bezahlen keinen Eintritt – kostet unsere Bürger 5 US-Cent. Deshalb war es möglich, die schwierigsten Bedingungen auszuhalten, trotz der Krise, wenn uns auch noch viele Dinge fehlen.

Die Preise der grundlegenden Medikamente sind die gleichen wie 1959, vor 40 Jahren (Beifall), und zwar um die Hälfte reduziert, denn eine der ersten Maßnahmen, die die Revolution einleitete, war die Senkung der Preise, und diejenigen, die diese Medikamente im Krankenhaus verabreicht bekommen, müssen nicht einen Cent zahlen (Beifall); und wenn sie eine Herztransplantation, eine Nierentransplantation oder andere Arten von Transplantationen benötigen, oder kostspielige Operationen oder Behandlungen, dann müssen sie nicht einen Cent bezahlen.

Das, was die Revolution für das Volk machte, erzeugte das Heldentum, mit dem dieses Volk eine solch kolossale, von keinem anderen Land jemals bewältigte Probe meisterte, über mehr als 40 Jahre Blockade hinweg, von denen die letzten 10 Jahre die Charakteristiken hatten, die ich euch erläuterte. Es dürfte deshalb nicht erstaunen, wenn die US-Amerikaner selbst anerkennen, daß die gesündesten der jungen Menschen, die auf die eine oder andere Weise in die USA emigrieren, Kubaner sind; und außerdem mit einem größeren Wissensniveau als die Immigranten aus irgendeinem anderen lateinamerikanischen und karibischen Land (Beifall).

Euch gegenüber, die ihr mit so viel Standhaftigkeit gegenüber so vielen Verleumdungen und Lügen solidarisch mit unserem Vaterland gewesen seid, fühle ich mich in der Pflicht, diese Dinge zu erklären, ohne mich auch nur einen Hauch von der Wahrheit zu entfernen.

Nun gut, unser internationalistischer Geist ließ während der Spezialperiode nicht nach. Es trifft zu, daß wir die Anzahl von Stipendien für ausländische Studenten verringern mußten, die in den achtziger Jahren für 24 000 Studenten gewährt wurden. Wir waren das Land mit der höchsten Zahl von ausländischen Studenten pro Kopf, unter allen Ländern der Welt (Beifall), ohne dafür einen einzigen Cent zu kassieren.

Zehntausende Fachleute und Techniker aus Afrika studierten in Kuba und machten dort ihren Abschluß; ich spreche von Afrika, wenn auch aus vielen anderen Ländern Studenten kamen, doch sie kamen hauptsächlich aus dem ärmsten Kontinent. Während dieses Jahrzehnts ging die Zahl zurück.

Ebenso reduzierten sich während einigen Jahren unvermeidlicherweise die Hilfsprogramme im Gesundheitsbereich; doch ich kann euch mit Zufriedenheit sagen, daß wir heutzutage mehr Ärzte und Beschäftigte des Gesundheitswesens haben, die kostenlose Dienste in der Dritten Welt leisten, als zu jeder vorherigen Epoche (Beifall).

Einige kurze Worte zu dieser Frage. Nach dem Hurrikan George – ich kann mir nicht erklären, warum sie ihm den Namen des Mannes gaben, der der wichtigste Schmied der Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten und ihr erster Präsident war -, der große Zerstörungen anrichtete und viele Menschen tötete, boten wir Haiti, dem ärmsten Land unserer Hemisphäre, die Ärzte an, die es benötigen würde (Beifall). Und als wenige Wochen danach in Mittelamerika das selbe mit dem Hurrikan Mitch geschah – der schreckliche Regenfälle mitbrachte als Folge der Klimaveränderungen, mit sehr schädlichen Folgen, und zwar hauptsächlich deswegen, weil die Wälder abgeholzt wurden, um Holz in die reichen Länder zu exportieren -, boten wir das gleiche an, und wir entsendeten sogar unmittelbar Hunderte von Ärzten und schlugen ihnen vor, integrale Gesundheitspläne zu entwickeln.

Unserer Ansicht nach handelte es sich nicht nur darum, eine Anzahl von Ärzten zu schicken, 15 oder 20 Tage nach dem Hurrikan zu helfen und danach abzureisen, denn dieser Hurrikan tötete, gemäß den damals genannten höchsten Zahlen, mehr als 30 000 Menschen. Vielleicht beliefen sich die reellen Zahlen um etwa 15 000 Todesopfer, weil viele der Verschwundenen später an irgendeinem Ort wieder auftauchten. Wir wußten, daß in Mittelamerika jährlich aufgrund von voraussehbaren Krankheiten mehr als 40 000 Kinder sterben – ich erwähne nicht die Erwachsenen -; später kommt es zu einem dauerhaften und stillen Hurrikan, der sehr viel schrecklicher als Mitch ist und der jedes Jahr dreimal mehr Kinder tötet als diejenigen, die durch Mitch ums Leben kamen, ohne daß irgend jemand davon spricht.

Die Länder akzeptierten die Vorschläge, hauptsächlich diejenigen, die mit einem unabhängigen Kriterium handelten; einigen verboten sie es. Diese damals entstandenen Gesundheitsprogramme gingen weiter.

Zur Zeit halten sich in einem dieser Länder – und in den entlegensten Gebieten, wo es Schlangen und Moskitos und keinerlei Strom gibt – etwa 450 Ärzte und Beschäftigte des Gesundheitswesens auf, wobei einige Techniker für medizinische Geräte und einige fachspezifisch ausgebildete Krankenschwestern eingeschlossen sind. Doch fast alle sind Ärzte.

Diese Programme gehen weiter und werden verbreitert. Wir steuern nicht die Medikamente bei, weil wir sie nicht haben. Die Medikamente werden von den Regierungen und bestimmten Nichtregierungsorganisationen geliefert; doch die Dienste unserer Ärzte sind absolut kostenlos (Beifall).

In Haiti betreuen unsere Ärzte heute – und es sind einige Hundert, etwa genau so viele wie die in dem anderen erwähnten Land – mehr als vier Millionen Einwohner; und eine Gruppe von Fachärzten betreut im wichtigsten Krankenhaus des Landes und in anderen Krankenhäusern, wo Ärztemangen herrschte, diejenigen Bedürftigen, die aus jeglichem Ort des Landes kommen. Sie haben viele Leben gerettet.

Es genügt zu sagen, daß das Retten von Menschenleben nicht so schwierig ist, wenn man auf das schlichte Verfahren der Impfungen zurückgreift, die nur Cents kosten, und wenn man selbstverständlich in der Gesundheitspolitik Konzeptionen anwendet, die es erlauben, viele Menschenleben zu retten und viele Menschen mit niedrigstem finanziellem Aufwand zu heilen. Man verliert Millionen von Kinderleben in der Dritten Welt wegen einigen Cents.

Wir boten allein Mittelamerika etwa 2 000 Ärzte an, und Haiti diejenigen, die es benötigt. Aber wir machten nicht nur das. In einer wichtigen militärischen Einrichtung der Verteidigungsschulen und ausgehend von den Kürzungen, die wir an unseren Militärausgaben vornahmen, schufen wir in Kuba eine Schule, in der etwa 1 000 junge Menschen aus Mittelamerika, die von den entlegensten Orten und aus einfachen Verhältnissen herstammten, den Unterricht aufnahmen, um Medizin zu studieren (Beifall).

Sechs Monate medizinisches Vorstudium, um sie einzustufen; zwei Jahre Studium der grundlegenden Wissenschaften in dieser Schule, und danach vier Jahre in einigen der 20 medizinischen Fakultäten, über die das Land verfügt, deren Kapazitäten, gemeinsam mit denjenigen der grundlegenden Wissenschaften, zur Zeit für fast 40 000 Studenten ausgeweitet werden.

Es gab Jahre, in denen wir in diesen Fakultäten 6 000 Studenten einschrieben, danach reduzierten wir logischerweise diese Zahl. Jetzt studieren ihnen nicht nur Medizinstudenten, sondern auch diejenigen, die das Diplom in Krankenpflege anstreben, sowie Techniker für Krankenhausdienste mit Universitätsniveau, zusätzlich zu den angehenden Zahnärzten. Wir verfügten über eine bedeutende Kapazität.

Und diese Schule, die ich erwähnte, verfügt über mehr als 3 000 Studenten, innerhalb von einigen Monaten, wenn der neue Kurs beginnt – einige Länder beenden den Kurs der Mittelschulausbildung am Ende des Jahres und andere zu Beginn des Sommers -, beginnen wir mit dem Empfang von neuen Studenten für den Einstufungskurs. Im März beginnen an dieser Schule 1 700 Studenten, und man wird die Zahl von etwa 5 000 Studenten erreichen (Beifall).

Innerhalb von drei Jahren wird es in Kuba mehr als 8 000 lateinamerikanische Medizinstudenten geben, ohne einen einzigen Cent zu bezahlen, und sie haben sogar eine bessere Ernährung als die diejenige der
40 000 kubanischen Universitätsstipendiaten, die wir in unseren Universitäten haben.

In dieser Schule gibt es auch zur Zeit 80 Studenten aus Äquatorial-Guinea, einem spanischsprachigen Land.

Das ist ein Programm, es heißt Lateinamerikanische Fakultät für Medizin, doch es verfügt nicht nur über jenes Gebäude für grundlegende Wissenschaften und Vormedizin; das Programm beinhaltet alle medizinischen Fakultäten im ganzen Land.

Ich beziehe hierbei nicht ein, daß wir in Santiago de Cuba mehr als 200 haitianische Schüler haben, exzellente Studenten, die dort ihren Einstufungskurs absolvierten und ihr Medizinstudium begannen. Jedes Jahr werden wir etwa 80 empfangen. Ebensowenig schließe ich die jungen Medizinstudenten aus der Karibik in der Fakultät von Cienfuegos ein. Insgesamt dürfte es zur Zeit – ich werde konservativ schätzen – etwas mehr als 4 000 Studenten aus Lateinamerika und der Karibik geben, die in Kuba Medizin studieren. Innerhalb von kurzer Zeit werden es 10 000 sein (Beifall). Das kann unser Land trotz der Blockade machen, absolut kostenlos und mit angemessenen Lebens- und Ernährungsbedingungen, mit Laborgeräten, Texten, Kleidung, selbstverständlich, und anderen Ausgaben, einschließlich der Transportmittel der Schule selbst.

Die Immatrikulierung wurde auf Studenten aus ganz Lateinamerika ausgeweitet, als eine Form der Gemeinschaft, der Brüderlichkeit und des kulturellen Austauschs.

Diese Schule hat ihre nach Ländern eingeteilten Kulturgruppen. Sie werden diese Schule mit weitgehenden Kenntnissen über den Rest der Nationen verlassen, und es handelt sich hauptsächlich darum, eine neue Konzeption zu schaffen, eine neue Doktrin darüber, welche die Rolle des Arztes in der Gesellschaft sein muß, denn in den Hauptstädten und den großen Städten Lateinamerikas gibt es Ärzte im Überfluß, aber sie wurde nicht alle mit der Idee ausgebildet, was die Pflicht eines Arztes zu sein hat (Beifall). Die Anzahl der Studenten ist nicht so wichtig wie die Ideen, die diesem Programm leitgebend sind.

Nun gut, ihr stellt euch nicht vor, mit welcher Begierde diese jungen Menschen studieren, mit welchem Fleiß, mehr sogar als unsere eigenen Schüler, die daran gewöhnt waren, alle diese Chancen auf die selbe Weise zu erhalten, wie sie jeden Tag die Sonne aufgehen sehen. Jene jungen Menschen stammen aus sehr armen Orten und das Studium der Medizin war ein Traum für sie. Die Ergebnisse sind exzellent. Welch wunderbare Ärzte werden in diesen Schulen ausgebildet! Wir fühlen uns wirklich entschädigt durch die Anstrengung, die sie unternehmen.

Was machen wir in Afrika? Es ist unmöglich, Zehntausende von Afrikanern herzubringen. Schaut, Afrika würde etwa 160 000 Ärzte benötigen, um im Durchschnitt einen Arzt für je 4 000 Einwohner zu haben. Kuba hat einen Arzt pro 168 Einwohner und graduiert 2 000 pro Jahr.

Um einen Arzt pro 1 000 Einwohnern zu haben, bräuchten die schwarzafrikanischen Länder etwa 596 000 Ärzte. Wie können diese Länder sie ausbilden? Was ist die Lösung, die wir mit den integralen Gesundheitsprogrammen für Afrika anwenden? Wir haben eine Verfügbarkeit von 3 000 Ärzten für die schwarzafrikanischen Länder. Ihre erste Aufgabe besteht darin, dort, wo keine medizinische Fakultät existiert, eine solche sofort aufzubauen (Beifall), wobei sie Abiturienten sammeln und einen sechsmonatigen Einstufungskurs beginnen. So haben wir es gerade in Gambia gemacht, wo es 158 kubanische Ärzte gibt (Beifall). Sie baten um 90 weitere und wir boten sie ihnen an. Es war das erste Land Afrikas, in dem mit den integralen Gesundheitsplänen begonnen wurde. Sie hatten in Gambia 30 einheimische Ärzte für 1 200 000 Einwohner.

An zweiter Stelle kam Äquatorial-Guinea: sie haben dort auch bereits die medizinische Fakultät geschaffen. Es gibt gleichfalls in diesem Land mehr als 100 kubanische Ärzte.

Eine Medizinschule, die wir vor vielen Jahren in Guinea-Bissau geschaffen hatten und die durch einen kürzlichen Bürgerkrieg mit ausländischer Intervention zerstört wurde, konnten sie noch nicht wieder aufbauen, aber sie baten uns, daß die Studenten des fünften und sechsten Studienjahres in Kuba weiter studieren könnten. Sie wurden sofort angenommen (Beifall), aber da sich der Wiederaufbau der Schule verzögerte, baten sie uns vor einigen Wochen, auch die Studenten des ersten, zweiten, dritten und vierten Jahres herzubringen. Wir sagten ihnen: "Schickt sie sofort". So bleiben also in keinem dieser Fälle die jungen Menschen ohne ihre Studien.

Das ist die Linie, die wir verfolgen. Man muß Hunderttausende von afrikanischen Ärzten ausbilden. Niemand kümmert sich darum. Es gibt einen sehr reichen Teil der Welt, den nur das Erdöl, die Diamanten, die Erze, die Wälder, das Gas, die billige Arbeitskraft und sonst nichts interessiert. Deshalb ist die Situation dieser Hemisphäre heutzutage schlimmer als in der Kolonialzeit, sehr viel schlimmer! Die Bevölkerung hat sich vervielfacht. Die Situation ist schrecklich.

Gestern bei den Vereinten Nationen sprach man von AIDS. Das ist ein anderes Kapitel. Wenn ihr es mir erlaubt, spreche ich später darüber (Beifall).

Warum bin ich ein wenig ausgeschweift bei diesem Thema der Medizin? Ich erkläre es euch? Wir haben allen Ländern der Karibik kostenlos die Stipendien gewährt, die sie für das Absolvieren jeglicher Universitätslaufbahn beantragt haben. Es gibt viele Länder in der Karibik, doch die Gesamteinwohnerzahl ist nicht sehr groß. Sie sprechen Englisch. Ich entdeckte vor kurzem etwas, das mich stauen ließ: es besuchten uns einige Vertreter der schwarzen Fraktionsversammlung im US-Kongreß – ich spreche davon, weil sie über das Thema gegenüber der Presse sprachen, es ist das erste Mal, daß ich dies öffentlich erwähne -, und ein Abgeordneter aus Mississipi – für einen Distrikt dieses US-Bundesstaates –, dem ich von diesen Programmen erzählte, sagte mir: "Hören Sie, in meinem Distrikt gibt es viele Orte, die über keinen einzigen Arzt verfügen." Ich sage ihm: " Wie bitte? Ah, jetzt merke ich, daß ihr die Dritte Welt der Vereinigten Staaten seid" (Beifall und Rufe). Und ich sagte ihm: "Wir sind bereit, ihnen einige Ärzte kostenlos zu schicken, genauso wie wir es mit anderen Ländern der Dritten Welt machen."

Ich erfuhr dies wie aus heiterem Himmel. Man hört immer, wie vom Reichtum der Vereinigten Staaten gesprochen wird, vom Bruttoinlandsprodukt, das 8 Billionen Dollar übersteigt, usw., usf., und plötzlich treffe ich mich mit einem angesehenen Mitglied des US-Repräsentantenhauses, der mir erzählt, daß in seinem Distrikt Ärzte fehlen. Deswegen antwortete ich ihm: "Wir können sie schicken." Und sofort darauf fügte ich hinzu: "Noch etwas mehr, schauen Sie," – ich erinnerte mich an die Schulen – "wir sind bereit, eine Anzahl von Stipendien für arme Jugendliche ihres Distrikts zu gewähren, die nicht die 200 000 Dollar bezahlen können, die ein Universitätstudium kostet." (Beifall und Rufe) Als sie zurückkehrten, sprachen sie über dieses Problem, und sie haben uns gesagt, daß sie die Frage der Stipendien prüfen, denn immer gibt es ein Problem der Vereinbarkeit bezüglich des Systems der Berufsausbildung in jedem Land.

Und ich versichere euch, daß unsere Ärzte hervorragend ausgebildet sind. Ab dem ersten Studienjahr stehen sie in Kontakt mit den Familienärzten und den Polikliniken, und über sechs Jahre hinweg absolvieren sie nicht nur theoretische Studien mit ausgezeichneten Professoren und den notwendigen technischen Mitteln, sondern auch praktische, und zwar in permanentem Kontakt mit den Krankenhäusern. Unsere 20 Fakultäten – in Wirklichkeit sind es 22, aber nur 2 sind Fakultäten für grundlegende Wissenschaften – wurden in der Umgebung der wichtigsten Krankenhäuser des Landes in allen Provinzen errichtet. Genau dort absolvieren sie ihre Lehrpraktika und genau dort studieren sie ihre Fachrichtungen, ohne die Provinz zu verlassen, um in der Hauptstadt zu studieren.

Der Abgeordnete des Repräsentantenhauses bemerkte mir gegenüber, daß dies auch die Situation anderer Minderheiten sei, und er erzählte mir von den Chicanos, den Indianerreservaten und anderen Gebieten des Landes, und nicht nur von Latinos und Immigranten, sondern auch von in den Vereinigten Staaten geborenen Bürgern. Ich sagte ihm: "Das ist ein sehr großes Land, enorm groß, wir könnten dort nicht das machen, was wir mit anderen Ländern machen. Ich weiß nicht, wie viele Einwohner eure Dritte Welt hat, aber ich stelle mir vor, daß es 30 oder 40 Millionen sein können" (Beifall).

Wollt ihr, daß ich euch etwas sage? Wir verfügen über Ärzte für einige Millionen Menschen, aber ich wagte nicht, ihm mehr anzubieten, denn wir haben viele Verpflichtungen. Ich sagte ihm: "Das wird euer großes Problem nicht lösen, aber ich bin sicher, daß in dem Fall, wenn ihr Ärzte benötigt und Visa für die Einreise dieser Ärzte beantragt, es unmöglich sein wird, daß die Behörden diesen Ärzten die Visa verweigern. Wie rechtfertigen sie sonst die Tausende von Ärzten, die sie uns gestohlen haben, die 3 000, die sie in den ersten Jahren raubten – die Hälfte der 6 000, die wir hatten, die Hälfte! -, und mehr als die Hälfte der Universitätsdozenten. Es blieben in Wirklichkeit 3 000 patriotische Ärzte (Beifall), und mit ihnen organisierten wir unsere Pläne, wir nahmen die Herausforderung an. Heute haben wir 67 500 (Beifall), mehr als 20 für jeden einzelnen, den sie in den ersten Jahren geraubt haben. Das ist die Frucht der Beharrlichkeit und des Willens, diese Dinge zu machen (Beifall).

Und was geschieht zur Zeit? Es gibt eine Politik zur Förderung der Desertion unserer Ärzte, die internationalistische Einsätze leisten. Vor einigen Wochen geschah dies mit zwei der 108 Ärzte, die wir in Zimbabwe zur Betreuung von Provinzkrankenhäusern haben, denn diese Krankenhäuser haben nicht genügend Ärzte, da die Apartheid in Rhodesien keine schwarzen Ärzte ausbildete und jenes Rhodesien, das heutige unabhängige Zimbabwe, hat nach mehr als 20 Jahren viele Krankenhäuser ohne Ärzte. Wir verteilten in fast allen Provinzen Teams von wenigstens 8 bis 10 Ärzten: Fachärzte in allgemeiner integraler Medizin, Chirurgen, Orthopäden, Anästhesisten, Radiologen und einige Techniker für die Reparatur der Geräte (Beifall).

Zwei dieser Ärzte, die offensichtlich durch die Billion Dollar angezogen wurden, die jedes Jahr für Werbung ausgegeben wird, um den Konsum zu verherrlichen – und die immer dazu führt, daß ein bestimmter Prozentsatz desertiert und sein Vaterland verläßt-, desertierten. Zu Ehren unseres Landes müssen wir euch sagen, daß - von all denen, die diese Integralen Gesundheitspläne in die Tat umsetzen-, nur 1,6 % der Ärzte Fahnenflucht begangen hat, wenn dies auch schmerzt (Beifall).

Jene gingen zu niemand Geringerem als dem Büro des UN-Hochkomissars für Flüchtlinge. Sofort wandten sich diejenigen, die so stark im Kongreß für das Zurückhalten des Kindes Elián in den USA gekämpft hatten, an die Regierung, um Visa für jene zwei Ärzte zu erbeten. Niemand erinnerte sich an die Kinder, die zurückgelassenen Krankenpfleger, die Menschen, die diese Ärzte betreuten, und die Leben, die sie retteten. Das Wichtigste war der Publics Relations-Effekt: Wir haben zwei kubanische Ärzte gefischt! Und das selbe hat die kubanisch-amerikanische Mafia gemacht, wie wir das nennen, was niemals Stiftung hätte genannt werden dürfen, da es zu einer terroristischen Organisation wurde (Beifall und Rufe). Damit beschäftigt sich diese Organisation in Guatemala, Honduras, Belize, Haiti, Guyana, Paraguay, in den 13 Ländern, in denen diese Programme heute durchgeführt werden, die meiner Berechnung nach auf 30 oder 40 hauptsächlich afrikanische Länder ausgeweitet werden. Wie sie es schaffen, Gehirne zu stehlen!

Ich sagte dem US-amerikanischen Abgeordneten: "Wie könnten sie dir das Visum verweigern, mit welchen Argumenten, mit welcher Moral, wenn sie diese Dinge machen? (Beifall)

Müßten wir etwa, um diese Ärzte zu schicken, auf den Cuban Adjustment Act zurückgreifen, den wir als mörderisches Gesetz bezeichnen aufgrund der Tausenden von Leben, das es kostet, und zwar ausgehend von einem Privileg, das keinem anderen Lateinamerikaner und keinem anderen Bürger eines anderen Landes der Welt gewährt wird, sondern nur den Kubanern, um Destabilisierung, Unordnung und Material für die PR-Aktionen gegen Kuba zu fördern?

Selbstverständlich würden wir dies nicht tun, es handelt sich um ein ernstes Thema. Ich habe die Hoffnung, daß in dem Fall, daß die Abgeordneten der Schwarzen Fraktionsversammlung oder die Vertreter der aus Lateinamerika stammenden Minderheiten – wie sie sie nennen -, oder Vertreter der indianischen Bevölkerung, die Entsendung einer Gruppe von Ärzten beantragen würden – was weder den Steuerzahler noch den US-Haushalt etwas kosten würde -, dann, denke ich, würde ihnen die US-Regierung nicht das Visum verweigern. Das ist das, was ich glaube. Eine andere Haltung sehe ich nicht als logisch an.

Sie werden logischerweise über das Ausbildungsniveau diskutieren. Ich bin absolut sicher, daß die Ärzte, die wir schicken würden, in diesem Fall sich einer rigorosen Überprüfung durch jegliche gerechte Prüfungskommission unterziehen könnten und alle notwendigen Prüfungen bestehen würden, um diesen Einsatz mit Ehre durchzuführen.

Es ist noch leichter, die Medizinstudenten zu schicken. Sie befassen sich mit dieser Aufgabe, und von hier aus kann ich bekräftigen, daß wir bereit sind, 250 Studenten pro Jahr aus der US-amerikanischen Dritten Welt zu empfangen (Beifall). Sie werden außerdem Spanisch lernen und mit Jugendlichen aus der ganzen Hemisphäre in Beziehung treten, denen sie das vermitteln werden, was sie über die Vereinigten Staaten und die US-amerikanische Kultur wissen. Ihre Mitschüler werden ihnen die Kultur ihrer jeweiligen Heimatländer nahebringen.

Und da ich bereits eine Zahl nannte, es handelt sich um 250 Stipendien pro Jahr im ersten Vormedizin-Kurs, der im März beginnt, wir können ihnen 500 anbieten, um andere Minderheiten einzubeziehen. Für die Auswahl wäre unsere Seite nicht zuständig, sondern die Kongreßabgeordneten, die armen jungen Menschen aus ihren Distrikten dabei helfen wollen, Medizin zu studieren, mit der Verpflichtung, zu ihren Herkunftsorten zurückzukehren, wenn sie ihren Abschluß als Ärzte machen (Beifall).

Jetzt möchte ich noch einige Dinge hinzufügen, und damit ihr nicht ungeduldig werdet, werde ich am Ende etwas zu dem Kind Elián erzählen, und danach komme ich zum Schluß. Ich muß auf die Uhr schauen (Er sieht auf die Uhr), wir sind schon eine Weile hier, ich hoffe, daß es nicht zu lange dauert.

Ich sagte, daß die sanitäre Situation in Afrika katastrophal ist, doch das Schrecklichste ist, daß eine neue Plage droht – schaut, was ich euch sage -, ganze Nationen auf diesem Kontinent auszulöschen. Noch etwas mehr: sie droht, die Bevölkerung der schwarzafrikanischen Länder auszulöschen, die 596 Millionen Einwohner haben.

Ich spreche mit aller Ernsthaftigkeit und Überlegung. Ich möchte kein Schwarzmaler sein, aber aus dem Gedächtnis heraus werde ich euch folgendes sagen: Von den 35 Millionen AIDS-infizierten Personen auf der Welt sind 25 Millionen Afrikaner. Zur Zeit – ich verfüge über Angaben aus verschiedenen Quellen und vor allem aus meinen Gesprächen mit dem Verantwortlichen des AIDS-Programms der Vereinten Nationen, der sich intensiv mit dem Problem beschäftigt – sterben jedes Jahr etwas mehr als 2 Millionen afrikanische Bürger aufgrund von AIDS, und es sind, wie man annehmen kann, junge Leute und Mütter im Reproduktionsalter, und auf 2 Sterbefälle kommen 5 Neuinfektionen. Es sind bereits 19 Millionen gestorben, es gibt 12 Millionen Waisen und man berechnet, daß in den nächsten 10 Jahren die Zahl von 42 Millionen erreicht wird.

Man ist weit davon entfernt, einen Impfstoff zu finden.

Und ich frage mich: Wie kann sich ein armes Land der Dritten Welt unter Bedingungen wie denjenigen entwickeln, wo 30 % der Bevölkerung mit AIDS infiziert ist und es ihnen an Ärzten, Medikamenten und Infrastruktur mangelt? Wie betreut man 42 Millionen Waisenkinder? Und das Schrecklichste: unter den 19 Millionen, die bereits gestorben sind, war eine große Anzahl Kinder, die sich bei der Geburt mit dem Virus angesteckt haben, und selbstverständlich viele Mütter. Wie können sie sie ernähren, bei der Menge von unterernährten Menschen und bei dem Hunger, der in vielen dieser Länder existiert?

Vor einigen Wochen fand eine Konferenz in Durban, Südafrika, statt, und dort sprachen afrikanische Vertreter und Vertreter der Industriestaaten Länder. Diese sagten, daß man eine Anstrengung unternehmen müsse, um dem Problem zu begegnen, und daß das Problem schrecklich sei. Ich sagte mit also: Sie haben gerade erst AIDS in Afrika entdeckt, oder es scheint so, daß sie es gerade erst entdeckt haben. Sie sprechen von zu treffenden Maßnahmen, davon, wie die Pharmaunternehmen ihre Kosten reduzieren können und welche kleine Geldsumme sie geben, um zu helfen. Man sprach von einer Milliarde Dollar, oder etwas mehr als einer Milliarde Dollar. Sehr gut. Aber es genügt, darauf hinzuweisen, daß in dem Fall, daß sie den Preis von 10 000 Dollar, den jede Behandlung zum Eindämmen der Krankheit – oder dem Beginn der Eindämmung - kostet, auf 1 000 Dollar senken, sie 25 Milliarden Dollar jährlich bräuchten. Wenn der Preis 5 000 Dollar betragen würde, bräuchten sie 125 Milliarden Dollar, und bei dem momentanen Preis würden 250 Milliarden Dollar benötigt.

Nun muß man abwarten, wieviel vereinbart wird, wie viele Zeit sie benötigen, um ein Programm in die Praxis umzusetzen, wie viele Millionen sich noch neu infizieren, wie viele Millionen sterben werden und um wie viele Millionen die Zahl der Waisen noch zunehmen wird.

Ich versichere euch, daß man mit der Zusammenarbeit der Industriestaaten ein Hauptproblem lösen könnte, auf das ich mich gerade bezog, als ich über das sprach, was einige afrikanische Vertreter vorbrachten: "Wofür? Wofür, wenn wir keine Infrastruktur haben, um diese Medikamente anzuwenden?" Diese Medikamente bestehen aus einer Anzahl von Tabletten, die man zu einer bestimmten Uhrzeit und unter bestimmten Umständen einnehmen muß. Das ist kein Aspirin, das man bei Kopfschmerz einnimmt. Ich habe viel daran gedacht.

Bei der Podiumsdebatte von gestern sprachen viele afrikanische Vertreter von AIDS, und ich, indem ich mich an die Ausführungen von Durban erinnerte, sagte folgendes: "Wenn die Industriestaaten das Geld für die Medikamente beisteuern, kann unser Land aufgrund der Erfahrung, die es durch die Arbeit von Zehntausenden von Ärzten in der Dritten Welt erlangt hat, diese Infrastruktur zur Bekämpfung von Aids und anderer Krankheiten in einem Jahr organisieren (Beifall). Und sorgt euch nicht um politische Fragen, denn unsere Ärzte haben die rigorose Anweisung, sich vor allem anderen an eine Regel zu halten:

Niemals weder über Politik noch über Religion oder Philosophie reden.. An diese Regel halten sie sich. Wenn irgendwo ein Pfarrer einer evangelischen Kirche ist, arbeiten sie mit dem Pfarrer. Der Pfarrer will nicht, daß ihm seine Kinder und Leute sterben und kooperiert. Er kann bei den Gesundheitsprogrammen sehr viel helfen, er kann die Leute dazu bewegen, bestimmte Maßnahmen zu ergreifen. Wenn sie mit einem Pfarrer einer anderen Kirche, einem islamischen Geistlichen oder dem geistigen Führer einer afrikanischen Religion zusammentreffen, geschieht dasselbe. Sie wollen nicht, daß ihnen die Kinder sterben. Wenn es ein katholischer Pfarrer ist, geschieht genau das gleiche. Er will nicht, daß ihm die Kinder und die Familien der Gemeinde sterben. Wer kann dagegen sein?

Wenn eine so schreckliche Epidemie fortschreitet, werden sie nicht arbeiten, nicht einmal Lebensmittel herstellen können. Sie werden niemals die wenigen Krankenhausbetten erreichen, weil Aids zu anderen schrecklichen Erkrankungen führt.

Zu diesem gesundheitlichen Unglück kommen noch Hunderte von Millionen Fälle von Malariainfektionen und –reinfektionen, an denen jährlich eine Million Menschen sterben. Und 3 Millionen sterben an Tuberkulose, eine Erkrankung, die zweifellos mit Unterernährung und dem HI-Virus zusammenhängt. Ich sagte bereits, daß nur 1% der weltweiten Forschungsausgaben im Gesundheitsbereich zur Erforschung von Tropenkrankheiten ausgegeben werden.

Die Infrastruktur könnte noch weitere ärztliche Leistungen bieten, nicht nur die Verabreichung von Medikamenten gegen Aids. Wenn es Medikamente und Impfstoffe zur Behandlung und Vorsorge anderer Erkrankungen gibt, die viele Opfer fordern, können diese auch bekämpft werden. Die Leistungen werden angeboten und diese sind wirklich recht billig. Wir könnten in jedes Land in Schwarzafrika, wo die Bedürfnisse am größten sind, 100 Ärzte schicken.

Diese Ärzte organisieren die Infrastruktur, leiten Jugendliche an und bilden sie aus. Wenn ihnen 15jährige Jugendliche, die die 6 Klasse abgeschlossen haben, mit den entsprechenden Lehrbüchern zugewiesen würden, könnten sie diese in der Hälfte der Zeit, die an einer Fachschule benötigt würde, zu Krankenpflegern machen. Wenn sie Fachärzte in Orthopädie, Chirurgie oder anderen Fachrichtungen ausbilden wollen, können sie dies in der Hälfte der Zeit tun, die eine Facharztausbildung an einem Krankenhaus dauern würde. Diese Ärzte könnten also viel mehr tun, als die Infrastruktur zu schaffen: Sie könnten Zehntausende qualifizierte Kräfte ausbilden. Und darüber hinaus könnten sie in den Ländern, in denen es keine medizinischen Hochschulen gibt, diese aufbauen. Kuba würde für diese Leistungen keinen Cent verlangen und auch nicht jahrelang warten, um sie umzusetzen. (Beifall).

Sie werden sagen, es gäbe kein Geld. Man könnte ein wenig davon nehmen, was für Werbung ausgegeben wird, die nicht nur in den entwickelten Gesellschaften zum Konsum anregt, sondern auch Millionen Bürger, die in unterentwickelten Ländern leben, wo sie praktisch keine Möglichkeit zum Konsum haben, und von den Militärausgaben, die sich auf 800 Milliarden belaufen (Beifall).

Sie können weltweit Beteiligungsscheine ausgeben, damit viele gute Menschen, die dies nicht wissen, als Beitrag Beteiligungsscheine kaufen können, und noch etwas: eine kleine Steuer auf Spekulationsgeschäfte. Es wäre nicht nur mehr als genug Geld dafür vorhanden, sondern praktisch auch zur Entwicklung dieser Dritten Welt. Es ist notwendig, es ist absolut dringend.

Weshalb wird das nicht getan? Weshalb wird so viel über Menschenrechte geredet, wenn all dies Unglück auf der Welt geschieht? Wer sind die Verantwortlichen dafür, daß jedes Jahr Dutzende von Millionen Menschen, die gerettet werden könnten, sterben, darunter Kinder – von denen mehr als 11 Millionen sterben –, Jugendliche und Erwachsene, die auch wegen der fehlenden angebrachten Hilfe sterben, oder die an einer Erkrankung sterben, die nicht rechtzeitig behandelt wird, oder wegen einer Mißbildung, die behoben werden könnte, oder wegen einer chirurgischen oder orthopädischen Operation nach Unfällen? Man weiß nicht, wie viele sterben, die gerettet werden könnten, oder wie vielen alten Menschen das Leben verlängert werden könnte.

Ein Mensch, der 50 Jahre lang lebt – und Ihr kennt viele und habt viele Verwandte –, würde gerne noch 10 Jahre länger, 20 Jahre länger oder 30 Jahre länger leben; und 70jährige möchten 5, 8 oder 10 Jahre länger leben; und Menschen in meinem Alter, von 74 Jahren, an die ihr heute erinnert habt, würden gerne noch 4 oder 5 Jahre oder sogar 10 Jahre leben, um zu sehen, wie sich die Welt entwickelt und ob einige der Vorhersagen eintreten.

In meinem Fall würde ich dies wirklich gerne, um die in vielen Jahren des Kampfes im Dienst für das Volk gesammelte Erfahrung ein wenig länger auszunutzen (Beifall). Die Gegner reden von "Castro ist seit X Jahren an der Regierung", "Castros Diktatur", "Castros Tyrannei", "er ist an der Macht und will die Macht nicht loslassen", und wer weiß was sonst noch alles. Die Macht, wenn sie nicht dazu dient etwas zu tun, Gutes zu tun, dient zu absolut nichts, und es wäre verrückt, sie zu wünschen (Beifall).

Außerdem habe ich – wie ich es vielen Besuchern erklärt habe – sehr wenige verfassungsmäßige und rechtliche Vollmachten, minimale. Ich ernenne keine Botschafter. Überall auf der Welt ernennt der Präsident des Landes die Botschafter, die Minister. Ich ernenne keine Minister, ich ernenne kein staatliches Amt. Die Botschafter werden von einer Kommission vorgeschlagen, die alle Kader analysiert und dann einen Vorschlag macht, der dem Staatsrat unterbreitet wird, der ihn bestätigen muß – er hat 31 Mitglieder –; und ich habe die Aufgabe, am Ende zu unterschreiben.

Dasselbe gilt für Begnadigungen oder die Umwandlung der Strafe im Fall der Höchststrafe, die von den 31 Mitgliedern des Staatsrats diskutiert werden müssen.

Mir ist das aber egal, ich brauche das nicht. Ich denke, ein Regierender oder jemand der regiert, braucht keine Ämter. Was er braucht, ist moralische Autorität, was er braucht, ist moralische Macht (Beifall).

Im Laufe von 41 Jahren gab es nur ein einziges Mal in Havanna in der Nähe des Hafens einige öffentliche Unruhen. Sie standen in Verbindung mit den Hinweisen im Radio, daß sich einige Boote aus den Vereinigten Staaten nähern würden, um Immigranten abzuholen. Sie wußten, daß wir weder schießen noch versuchen würden, Boote mit Menschen an Bord abzufangen. Als Schnellboote aus den Vereinigten Staaten anfingen, in Schmuggelaktionen zu kommen, näherte sich eines von ihnen der Küste im Osten von Havanna; das Wachpersonal, von diesem außergewöhnlichen Vorfall überrascht, ruft es zum Halt auf und schießt. Es gab einige Verletzte. Ich weiß nicht, ob jemand starb.

Ein anderes Mal versuchte ein Traktor – der einen Wagen mit Menschen zur Küste brachte – einen Polizisten zu überfahren, der sich ihm entgegenstellte, und andere, die ihn begleiteten, schossen: Einige wurden verletzt und einige fielen. Das waren schon zwei Vorfälle.

Ein anderes Mal entführten sie ein Sandbaggerschiff mitsamt Besatzung – all dies wurde durch das Cuban Adjustment Act angeregt –, ein Küstenwachboot gab einige Schüsse ab; glücklicherweise wurde niemand getroffen.

Umgehend erging an alle Grenztruppen und Behörden die direkte Order: "Auf kein Boot mit Menschen an Bord, die versuchen auszureisen, wird geschossen, noch wird versucht, es abzufangen; auch dann nicht, wenn es sich mitten in der Bucht befindet."

Daraufhin wurde sogar die Fähre nach Regla, von der viele von euch wissen, daß es ein Transportmittel zwischen der Altstadt Habana Vieja und dem Ortsteil Regla ist, entführt. Da kam einer mit einem Revolver und mehreren Komplizen an Bord, überwältigte den Bootsführer, und sie fuhren einfach aus dem Hafen aus. Niemand rührte sie an.

Die Geschichte des berühmten Vorfalls mit dem Schlepper "13 de Marzo", von dem gesprochen wird, ist vollständig und im Detail dokumentiert. Wir ordneten eine gewissenhafte Untersuchung aller Gesichtspunkte an. Was geschah war, daß es einen Ort gab, an dem die Schlepper für den Dienst im Hafen lagen. Sie überfielen ihn, überwältigten die Bewacher, zerstörten die Kommunikationseinrichtungen und fuhren mit ihm fort. Drei der dortigen Arbeiter nahmen einen anderen Schlepper und weitere drei oder vier – ich habe hier jetzt nicht die genaue Zahl – nahmen einen anderen, nachts, ohne irgend jemand etwas zu sagen, und sie fuhren mit den zwei Schleppern aus, um zu versuchen, den, den sie mitgenommen hatten, aufzubringen. Niemand wußte davon und es waren bereits Stunden vergangen, seitdem der Schlepper gestohlen worden war.

Sobald der Vorfall den zuständigen Behörden bekannt wurde, wurden der Küstenwache umgehend Instruktionen erteilt, sich der Route, die sie eingeschlagen hatten, zu nähern, um einen Unfall zu vermeiden und den Schleppern, die ausgefahren fahren, um zu versuchen, ihn aufzubringen, zur Umkehr zu befehlen.

Es war früher Morgen, bewegtes Meer und starker Seegang. Bevor das Küstenwachboot ankam, das glücklicherweise beinahe die Hälfte der Insassen des entführten Bootes retten konnte, da es mit Rettungsringen, Tauen und anderen Geräten zur Hilfe und Rettung von Schiffbrüchigen ausgestattet ist, war es zum Zusammenstoß zwischen einem der beiden Schlepper, die versuchten ihn abzufangen, und dem Heck des gestohlenen Schleppers gekommen, der unterging. Die wenigen Besatzungsmitglieder retteten mehrere der Schiffbrüchigen, obwohl ihnen die geeigneten Mittel fehlten und mit der Angst, selbst entführt zu werden. Das Küstenwachboot kam bald an und konnte trotz der schwierigen Situation und der Dunkelheit der Nacht 25 Personen retten. Das ist die wahre Geschichte des Vorfalls. Ah, aber es mußten Lügen erfunden und eine zynische Legende über den Vorfall geschaffen werden.

Ich versichere euch, daß ich nicht übertreibe und die Tatsachen nicht einen Deut verfälscht habe; es würde mich zutiefst beschämen, wenn ich versuchen würde, etwas zu rechtfertigen, das eine niederträchtige Tat darstellt. Das ist nie unsere Verhaltensart gewesen.

In den Vereinigten Staaten müssen noch viele der 1 200 Gefangenen sein, die wir in der Schweinebucht gemacht hatten. Keiner von ihnen kann sagen, daß sie ihn mit dem Kolben gestoßen hätten, obwohl 100 Genossen gestorben und Hunderte verletzt worden waren. Ich war dort. Das wurde mir nicht erzählt. Ich habe wirklich selbst an der Gefangennahme teilgenommen. Ich ging sogar an einer Gruppe bewaffneter Invasoren, die hinter einigen Mangroven waren, vorbei – ich ging auf einem Weg in der Nähe des Ufers –, sie sahen mich aus wenigen Metern Entfernung. Keiner schoß.

Es gibt Augenblicke in einer Schlacht, in denen die Moral des Gegners vollständig verschwindet und niemand noch einen Schuß abgibt. Später gaben sie vor Gericht als Verdienst an, damit es gewürdigt werde, daß ich vor der Schwadron mit automatischen Waffen vorbeigegangen war und sie nicht auf mich geschossen hatten. Vielen Dank, ich bin ihnen sehr dankbar. Ich wäre keine 74 Jahre alt geworden, also bin ich ihnen dankbar (Beifall). Aber keiner kann sagen, sie seien mißhandelt worden, und sie waren bewaffnet und, von einer ausländischen Macht geschickt, in unser Vaterland eingedrungen.

Wäre es umgekehrt gewesen, wißt ihr, daß sie zumindest zu lebenslänglicher Haft verurteilt worden wären. Und hier wird niemand so leicht aus lebenslänglicher Haft entlassen, denn jene Puertoricaner, die viele Jahre im Gefängnis waren und kürzlich freigelassen wurden (Beifall) mußten lange leiden bis sie die Früchte eines langen Solidaritätskampfes sehen konnten. Ich weiß nicht wie viele Jahre sie genau im Gefängnis waren, vielleicht können einige von euch es mir sagen (20 Jahre, sagen sie ihm).

Schwestern und Brüder, ich versichere euch, in Kuba, wenn einige der Söldner, die vom Ausland aus bezahlt werden, um subversive Aktivitäten durchzuführen, kaum drei Monate im Gefängnis sind, wird Druck gemacht und strömen die Briefe von überall her nach vorgefertigten Plänen und Mechanismen, damit sie freigelassen werden. Wer weiß wie viele rechtmäßig verurteilte Konterrevolutionäre wir freigelassen haben! Denn der Kampf war lang.

Am Anfang der Revolution gab es 300 konterrevolutionäre Organisationen, die terroristisch tätig waren, und wenn wir bei dieser einen Aktion 1 200 Gefangene machten, waren sie nicht einmal zwei Jahre im Gefängnis. Denen, die sie schickten, schlugen wir vor: "Schaut, wenn ihr eine Entschädigung in Form von Medikamenten und Nahrungsmitteln für Kinder bezahlt, lassen wir sie alle frei." Einige von ihnen begangen später Verbrechen, töteten Genossen von uns mit Bomben und Anschlägen. Wären sie 30 Jahre inhaftiert gewesen, wäre das Leben vieler Genossen gerettet worden; Aber dieses Risiko hatte keinen Einfluß und eines Tages kam ein Schiff voller "Helden" problemlos in den Vereinigten Staaten an. Sie übergaben ihnen eine Fahne, ich glaube, der damalige Präsident übergab sie ihnen oder umgekehrt, um sie eines Tages in einem freien Kuba zu hissen. Sie konnten in Wirklichkeit weder die Fahne noch Wimpel oder Waffen oder sonst etwas retten. Das ist viele Jahre her.

Seit jenen Episoden habe ich mit einer Reihe derer, die bei dieser Expedition mit dabei gewesen waren, und mit anderen Menschen gesprochen. Sie hatten ihre Meinung geändert, sie dachten anders. Der Mensch kann sich ändern.

Ich habe das Beispiel der Ereignisse in der Schweinebucht erwähnt, weil es die Kontinuität der von uns seit dem Krieg in der Sierra Maestra verfolgten Politik zeigt. In den ersten Kämpfen wehrten sich die gegnerischen Soldaten bis zur letzten Patrone. Sie dachten wir würden sie töten. Danach war das anders. Im Verlauf des Kriegs machten wir Tausende Gefangene. Die Verletzten wurden vorrangig vor unseren Verletzten behandelt. Niemals wurde ein Gefangener erschossen. Niemals wurde einer von ihnen geschlagen. Das Internationale Rote Kreuz ist Zeuge. Sie haben die Listen und Akten der Hunderten von Gefangenen, die wir in der letzten Offensive gegen die Front Nr. 1 im Sommer 1958 gemacht hatten. In ihnen kann nachgeforscht werden, ob ein Soldat geschlagen worden war, ob ein Soldat erschossen wurde..

Sie waren unsere Waffenlieferanten. Sie wurden in eine andere Provinz gebracht und wenn die Kolonnen kamen und sie einem Kampf als verloren erkannten, kämpften sie nicht wie anfangs bis zum Ende. Man muß genauer sagen, daß sie in der Regel immer kämpften. Sie gaben den harten Widerstand nicht auf. Aber wenn sie erkannten, daß ein Kampf verloren war, ergaben sie sich. So gab es Soldaten, die sich drei Mal ergaben. Warum? Weil wir genauso dem Feind gegenüber eine Politik verfolgten wie wir der Bevölkerung gegenüber eine Politik verfolgten. Sie kamen und töteten Zivilisten, brannten Häuser nieder, stahlen alles und bezahlten nichts. Wir kamen und bezahlten alles, was wir kauften. Wenn niemand da war, hinterließen wir das Geld bei einem Nachbarn oder an einem anderen Ort. Und in der ganzen Zeit, die der Krieg dauerte, seit der Front Nummer eins in der Sierra Maestra, von wo alle Kolonnen mit derselben Kriegsdoktrin, derselben politischen Doktrin ausgingen, erinnere ich mich an keinen einzigen Fall, daß es einem unserer Kämpfer der Frau oder Tochter einer Bauernfamilie gegenüber an Respekt hätte mangeln lassen.

Nachdem wir zerstreut wurden, ausgehend von sieben bewaffneten Männern, wurde der Krieg in weniger als 24 Monaten im Kampf gegen Streitkräfte, die aus 80 000 Soldaten, Marinesoldaten und Polizisten bestand, mit der Unterstützung des gesamten Volkes gewonnen. Warum? An erster Stelle, weil wir eine gerechte Sache verteidigt haben (Beifall), und an zweiter Stelle, weil wir eine Politik für die Bauern und allgemein die Bevölkerung und eine Politik für den Gegner hatten. Ohne diese Politik hätten wir nicht siegen können, weder in 2 noch in 30 Jahren, immer unter der Annahme, die restlichen Dinge wären mehr oder weniger gut erledigt worden.

Diese Traditionen sind bis heute erhalten. Sie können Südafrikaner befragen, die Gefangene unserer Truppen waren, ob jemand sie geschlagen hat, ob nur einer von ihnen erschossen wurde, weil wir unsere Politik der Kriegführung an alle, mit denen wir kooperierten, verbreitet und übertragen haben. Und ich werde nicht mehr hierzu sagen, denn vielerorts töten sich die Kämpfenden gegenseitig. So ist das.

Was uns betrifft, sowohl in unserem Krieg als auch bei den internationalistischen Einsätzen wurde niemals ein Gefangener geschlagen oder erschossen. Von allem, was ich euch erzähle, gibt es lebende Zeugen. Das verleiht einem natürlich Moral und Autorität.

Als sich am 5. August 1994 jene Unruhen in der Hauptstadt ereigneten war sogar die Polizei überrascht. Das war noch nie vorgekommen. Gruppen, die aus mehreren Hundert Zivilisten bestanden, begannen Steine in Fensterscheiben, in die Häuser zu werfen. Die Leute waren etwas verwirrt. Ich hörte die Nachricht, begab mich in mein Büro und sie sagen mir: "Das und das passiert." Ich sage: "Daß sich keine einzige Einheit rührt." Ich rufe die Leibwache – neun Männer, die mich begleiteten –, ich hatte drei Jeeps gerufen – ich wollte im Jeep fahren, nicht in einem Sicherheitsfahrzeug, einem gepanzerten Wagen oder irgend etwas ähnlichem –, die Jeeps kamen. Mit den neun Leibwächtern, einem Genossen, der heute hier ist und der damals mit mir arbeitete, ihr kennt ihn, Felipe Pérez Roque, derzeit unser hervorragender Minister für Auswärtige Angelegenheiten (Beifall), und der Genosse Lage, der auf dem Weg zu uns stieß, waren wir insgesamt 12 Personen.

Wir gingen zum Ort der Tumulte. Die Leibwache hatte den strikten Befehl, die Waffen nicht zu benutzen. Als wir ankamen, stieg ich aus und ging zu Fuß. Die Bevölkerung reagierte sofort. In wenigen Minuten waren die Unruhen vorbei und selbst diejenigen, die Steine warfen, wurden angesteckt und gingen in einer riesigen Menschenmenge fort,. Wir gingen bis zum Malecón und kehrten auf demselben Weg zu Fuß zurück. Das war und wird immer der Stil der Revolution sein (Beifall).

In unserem Land hat man nie einen Wagen der Feuerwehr gesehen, der einen Wasserstrahl gegen das Volk spritzt. Man hat nie die Männer mit einem Taucheranzug gesehen, der sie so aussehen lassen, als kämen sie von einem anderen Planeten, die wer weiß für Sachen sie umhaben, und die Demonstrationen unterdrücken und brutale Methoden anwenden! In unserem Land ist das nie passiert. Dem, der nur ein einziges Bild zeigen könnte, würden wir einen großen Preis zahlen.

Ich erinnere daran, daß es in den ersten Jahren der Revolution 300 konterrevolutionäre Organisationen, bewaffnete Banden im ganzen Land gab. Tausende von Menschen waren im Gefängnis und als ich die Insel Isla de Pinos besuchte, die heutige Isla de la Juventud, traf ich mich dort die Gefangenen, die mit Macheten, Äxten und so auf dem Land arbeiteten, und war bei ihnen. Sie versuchten niemals mich anzugreifen!

Mit denen, die in der Schweinebucht einfielen, traf ich mich mehrere Male, ich kam sogar bis ins Gefängnis, als sie verurteilt wurden. Keiner wurde auch nur ausfällig!

Man weiß gar nicht, was es wert ist, ethisch zu sein und ein würdevolles Verhalten zu haben. Das ist die mächtigste Kraft, über die man verfügen kann (Beifall).

Ich habe euch schon von zwei Reisen erzählt; jede Sorte von Bedrohungen. Ich habe euch auch gesagt, daß ich gerne noch ein paar Jahre leben würde; aber ich kann euch ganz ehrlich versichern, daß ich für das Leben kein einziges Prinzip ändern, keine einzige Entwürdigung und keine einzige Drohung annehmen würde (Beifall).

Deshalb habe ich euch erzählt, daß ich glücklich war, als ich die Reise in dieses Land antrat, bzw. nach New York – ich habe kein Visum um das Land zu bereisen –, nur New York und den Umkreis von 25 Meilen, keinen Millimeter weiter. Die Genugtuung entsprang der Verachtung gegenüber der Flut von Drohungen und dem Wunsch, mich mit euch zu treffen.

Vielleicht sind diese Bewertungskriterien, die ich euch angeboten habe, denen nützlich, die so tapfer und solidarisch sind wie ihr.

Ich habe von den ernsten sozialen Problemen der Dritten Welt gesprochen. Ernste soziale Probleme gibt es aber selbst in einem so reichen Land wie diesem, dem reichsten der Welt. Ich möchte einige erwähnen.

36 Millionen Menschen, 14% der Bevölkerung, leben unter der Armutsgrenze. Der Prozentsatz ist doppelt so hoch wie in anderen entwickelten Ländern. doppelt so hoch wie in Europa oder Japan.

43 Millionen Menschen haben keinen Zugang zu einer Krankenversicherung und weitere 30 Millionen sind so schlecht versichert, daß sie praktisch unversichert sind.

Es gibt 30 Millionen Analphabeten und weitere 30 Millionen funktionale Analphabeten. Das ist keine kubanische Erfindung, das sind offizielle Zahlen internationaler Organisationen.

Unter der schwarzen Bevölkerung ist der Anteil der Armen über 29%; der Anteil an der gesamten Bevölkerung beträgt 14%. Die Armutsrate der schwarzen Bevölkerung ist also mehr als doppelt so hoch wie die der Gesamtbevölkerung der Vereinigten Staaten. Bei den schwarzen Kindern erreicht diese Rate 40%. In einigen Städten und ländlichen Gegenden der Vereinigten Staaten liegt sie über 50%.

Trotz des wirtschaftlichen Wachstums ist die Armutsrate der US-amerikanischen Gesellschaft zwei oder drei Mal höher als in Westeuropa. 22% der US-amerikanischen Kinder leben in Armut. Das sind offizielle Zahlen.

Nur 45% aller Beschäftigten des Privatsektors genießen den Schutz einer Sozialversicherung.

Schätzungsweise 13% der US-amerikanischen Bevölkerung wird nicht älter als 60 Jahre werden.

Frauen verdienen immer noch nur 73% von dem, was Männer in vergleichbaren Beschäftigungen verdienen, und sie stellen 70% der Teilzeitbeschäftigten, die keinerlei Anrecht auf irgendeine soziale Absicherung haben.

Von 1981 bis 1995 waren 85% der Neuangestellten, die mehr als eine Arbeit ausüben, Frauen.

Das reichste Hundertstel der Bevölkerung, das im Jahr 1975 20% aller Güter besaß, besitzt heute 36%. Der Unterschied nimmt zu.

Unter den 3 600 zum Tode Verurteilten, die die Todeskorridore der US-amerikanischen Gefängnisse bevölkern, ist kein einziger Millionär, keine einzige Person, die zur oberen Mittelschicht gehört. Man könnte sich fragen weshalb. Ihr könnt vielleicht besser antworten als ich. Ich beschuldige niemanden, ich sage nur was geschieht.

Scheinbar muß man in die Kategorie der Millionäre aufrücken, um den notwendigen Anstand und Disziplin zu erlangen, damit man nie zu einer Strafe dieser Art verurteilt wird.

Es gibt noch andere Zahlen, die etwas hart sind, aber ich muß sie sagen.

In der gesamten Geschichte der Vereinigten Staaten wurde nicht ein einziger weißer Mann wegen der Vergewaltigung einer schwarzen Frau hingerichtet (Beifall).

Während Vergewaltigung – und das ist historisch –als Kapitalverbrechen eingestuft war, waren jedoch von den 455 Hingerichteten 405 Schwarze, das heißt 9 von 10.

Im Staat Pennsylvanien zum Beispiel, dort wo 1776 die Unabhängigkeitserklärung ausgerufen wurde, sind nur 9% der Bevölkerung Afroamerikaner. 62 der zum Tod Verurteilten, also sieben Mal so viele, sind Schwarze.

Noch ein kleiner Punkt. Über 90% der 3 600 zum Tod Verurteilten waren in ihrer Kindheit Opfer physischer oder sexueller Gewalt.

Eine kürzliche Studie einer Nichtregierungsorganisation zeigt, daß die Wahrscheinlichkeit, zu längeren Haftstrafen verurteilt zu werden, für schwarze Männer 13 Mal höher ist als für Weiße, wenn es um Probleme im Zusammenhang mit Drogen geht. Dabei gibt es in den Vereinigten Staaten fünf Mal mehr weiße Männer, die Drogendealer sind.

Über 60% der in den Vereinigten Staaten inhaftierten Frauen sind Afroamerikanerinnen oder Spanisch sprechende Lateinamerikanerinnen.

Vielleicht sind wir Spanisch sprechende Lateinamerikaner, Afroamerikaner und anderen Ethnien, die praktisch alle Verbrechen begehen, alle geborene Verbrecher nach der Theorie von Lombroso.

Ich will überhaupt keine Verbrechen beschönigen. Ich bin auch nicht in der Lage, genau und sicher zu wissen, wie die Verfahren sind und was gewöhnlich geschieht. Ich frage mich einfach nur warum. Ich frage mich einfach nur, ob wir von genetischer Veranlagung her Verbrecher sind, und wenn dies zutrifft, was macht es aus, wenn ganz Schwarzafrika verschwindet, alle Indios, alle Mestizen, alle Weißen in Lateinamerika und alle Bewohner der Länder in der Karibik, wir Kubaner natürlich eingeschlossen. Das ist eine Frage, die man zumindest das Recht hat sich zu stellen. Ich habe diese 74 Jahre, an die ihr erinnert habt, selbstverständlich gelebt. Ich habe in meinem Leben mit vielen Menschen zu tun gehabt.

Ich wurde auf dem Land als Sohn eines Grundbesitzers geboren. Mein Vater war ein armer Bauer spanischer Herkunft. Er war zuerst als rekrutierter Soldat im letzten Unabhängigkeitskrieg in Kuba gewesen ohne jemals auf eine Schule gegangen zu sein. Nach dem Krieg wurde er 1898 in sein Heimatland repatriiert. Danach kam er auf eigene Faust zurück. Er arbeitete in jenem System und mit der Zeit gelang es ihm, eine Hundertschaft Tagelöhner, Immigranten und Kubaner zusammen zu bekommen und zu leiten. Es war die Zeit, in der die United Fruit zum Ausbau ihrer Zuckerrohrplantagen in der auf Kuba errichteten Neokolonie die Wälder mit den kostbaren Hölzern fällte und niederbrannte, die Hölzer, aus denen der berühmte El Escorial-Palast gebaut wurde und auch das größte Kriegsschiff der Zeit Admiral Nelsons, das in der Schlacht von Trafalgar versenkt wurde. Diese Hölzer waren besonders angesehen, und mein Vater beteiligte sich gemeinsam mit jenen Männern, die er rekrutiert hatte, am Fällen von Wäldern und kostbaren Hölzern. Wer könnte ihnen etwas vorwerfen?

Er sparte Geld zusammen und kaufte nach und nach Land, viel Land. Es gelang ihm, 900 Hektar selbst zu besitzen und weitere 10 000 Hektar zu pachten. Ich lebte und wohnte auf jenem großen Gut. Ich hatte das Glück, Sohn und nicht Enkel eines Großgrundbesitzers zu sein. Ich konnte die Mentalität und Kultur der reichen Klasse nicht annehmen. Revolutionär zu sein, ist kein Verdienst, das hängt von vielen Faktoren ab und alle meine Freunde waren arme Kinder und Jugendliche in meinem Alter. Ich lernte die Baracken in der ganzen Umgebung kennen, sowohl auf dem Land meiner Familie als auch auf den riesigen Plantagen großer US-amerikanischer Firmen, wo viele haitianische Immigranten lebten. Ihre Arbeits- und Lebensbedingungen waren schlechter als die der Sklaven, und es hieß, die Sklaverei sei in Kuba seit 1886 verschwunden. Das hat mich nicht zum Revolutionär gemacht, aber es hat mir geholfen, später die soziale Wirklichkeit und Ungerechtigkeit in dem Land, in dem ich geboren bin, zu verstehen.

Ich werde den Überlegungen, die ich gerade gemacht habe, noch ein paar Wörter anschließen. Ihr habt vor wenigen Minuten den Namen eines afroamerikanischen Mannes genannt, der vor kurzem hingerichtet wurde. Ihr wißt, daß unser Volk mit voller Kraft den Justizmord an Shaka Sankofa wegen eines Verbrechens, das er nicht begangen hat, verurteilt hat (Beifall); und dies, obwohl sich die Weltöffentlichkeit und sogar viele Regierungen auf der Welt einmütig dagegen stellten.

Ich habe ziemlich viel Information, Daten und Details angefordert. Ich habe sogar kleine Lagepläne, Zeichnungen des Orts, an dem die Vorfälle geschehen waren, die ihm zur Last gelegt wurden. Die einzige Person, die angab, ihn gesehen zu haben, nachts, aus einiger Entfernung, in einem kurzen Blick, den selbst die empfindlichste Kamera nicht hätte einfangen können, und andere Elemente des Verfahrens haben mich von seiner Unschuld überzeugt. Ich sage das nicht, weil jemand es mir bestätigt hat, sondern weil ich alle Daten analysiert habe und zu dieser Überzeugung gelangt bin (Beifall). Ich habe sogar seine soziale Herkunft analysiert, die Bedingungen der Marginalisierung, unter denen er geboren wurde, seine ersten rechtlichen Probleme. Ich habe dies unserem eigenen Volk zitiert, als Beispiel für die tatsächlichen Faktoren, die dazu beitragen, daß ein schwarzer oder weißer oder jedweder Ethnie angehöriger Jugendliche ein Verbrechen begeht. Ich bin auch Anwalt. Ich kenne die Gesetze ein wenig. Ich habe mich selbst verteidigt, als sie mich wegen des Angriffs auf die Moncada–Kaserne anklagten. Seit ich Anwalt bin mußte ich das mehr als einmal tun. Ich hatte fast nie einen anderen Klienten (Lachen).

Ich wäre ich nicht zu dieser Überzeugung gelangt, würde ich mich, wenn ich so rede, wie ich es gerade getan habe, wie ein gemeiner Demagoge verhalten (Beifall).

In unserem Land hat eine Podiumsdebatte stattgefunden, an der internationale Persönlichkeiten teilgenommen haben. Ich sehe hier jemand, der bei diesem Runden Tisch mit dabei gewesen war.

Ich weiß auch, daß ihr seit geraumer Zeit mitten in einem sehr gerechten Kampf steckt, einem Kampf, den unser Volk auch absolut unterstützt: dem Kampf für die Freiheit des Journalisten Mumia Abu-Jamal (Rufe und anhaltender Beifall), der zum Tod verurteilt wurde, und dessen ungerechte Strafe eine gigantische Bewegung der Weltöffentlichkeit ausgelöst hat.

Wenn wir weiter ausholen und die geschichtlichen Daten analysieren, um nachzuforschen, wer dieser eine Weiße auf alle 9 Schwarzen, die wegen Vergewaltigung hingerichtet wurden, war – insgesamt waren es ungefähr 50 Weiße – werden wir sehen, daß, unabhängig von anderen Faktoren, soziale Marginalisierung vorhanden war. Und wenn, wie im Fall der Afroamerikaner, soziale Marginalisierung und rassistische Diskriminierung zusammenkommen, leiden Aberdutzende von Menschen schrecklich unter der Ungerechtigkeit, auch diejenigen, die nie zum Tod oder zu Haft verurteilt worden sind, denn sie werden geboren, um jeden Tag ihres Lebens erniedrigt zu werden.

Ich bin mehr oder weniger weiß. Ich sage mehr oder weniger weiß, weil es keine reine Ethnie gibt. Ich erinnere mich, daß ich 1948 die Vereinigten Staaten besuchte. Es war November. Ich erinnere mich daran, weil in jenen Tagen gerade Truman die Wahlen entgegen aller Vorhersagen gewann. Ich war nach Harvard gereist; ich wollte Wirtschaft studieren. Ich hatte bereits revolutionäre Ideen, wollte mich aber mit mehr Wissen wappnen. Von New York reiste ich mit einem billigen Auto zurück, das ich für 200 oder 300 Dollar gekauft hatte, eines von denen, die hier für wenig mehr als den Schrottpreis verkauft werden. Und ich fuhr über diese damaligen Straßen nach Florida, um dann mit der Fähre nach Kuba weiterzufahren. Mehrere Male hielt ich irgendwo an, zum Mittagessen, Abendessen oder um etwas zu kaufen. Bei mehr als einer Gelegenheit bemerkte ich Verachtung, ein abfälliges Verhalten nur weil ich eine andere Sprache sprach oder ein Spanisch sprechender Lateinamerikaner war. Ich bemerkte, daß nicht nur bestimmte Ethnien diskriminiert wurden, sondern auch Menschen anderer Nationalität, die eine andere Sprache sprachen.

Seither bin ich nur für einige Tage in die Vereinigten Staaten gereist, Ende 1955 glaube ich. Ich lebte bereits in Mexiko und bereitete die Rückkehr nach Kuba vor. Ich war hier in New York und an anderen Orten und besuchte die wenigen kubanischen Einwanderer, die es in den Vereinigten Staaten gab, denn zu jener Zeit gab es das Cuban Adjustment Act nicht – keiner konnte in einem Schiff oder Boot ausreisen – und es gab quasi keine illegalen Einwanderer. Letztendlich war es die Revolution, die Hunderttausenden von Personen, die seit langem ausreisen wollten und keinerlei Hoffnung hatten, die Tore öffnete.

Deshalb könnten wir die, die Kuba, die Revolution und besonders mich so sehr hassen, daran erinnern, daß sie sich von Zeit zu Zeit bei der Revolution bedanken, denn ohne die Revolution gäbe es viele kubanische Millionäre nicht (Beifall), ohne die Revolution gäbe es die Cuban American National Foundation nicht (Buhrufe), ohne die Revolution gäbe es einige Kubaner, die Mitglieder des Kongresses der Vereinigten Staaten sind, nicht. Sie könnten keine Gesetze zu nichts einbringen, sie würden während der Wahlkämpfe nicht umworben, ihnen würden nicht alle Wunsche erfüllt, auch wenn der Großteil nicht wählen geht, weil es für sie aufgrund der ihnen gewährten Privilegien die kubanische Staatsangehörigkeit vorteilhafter als die US-amerikanische ist.

Was ich sage kann unwiderlegbar bewiesen werden. Es gibt Statistiken und ich habe sie einmal angefordert: Wie viele Wohnsitz-Visa wurden beispielsweise in den letzten 30 Jahren vor dem Sieg der Revolution ausgegeben; in den 30er und 40er Jahren waren es unbedeutende Zahlen, und von 1950 bis 1959 kaum 2000 oder 3000.

Letztendlich war es die Revolution, die Hunderttausenden von Personen, die seit langem ausreisen wollten und keinerlei Hoffnung hatten, die Tore öffnete.

Wie bekannt ist, sind in den ersten Tagen des Januar 1959 viele Kriegsverbrecher, Veruntreuer und Komplizen Batistas, die Tausende von Kubanern ermordet und das Land geplündert hatten, in die Vereinigten Staaten geflohen. Die ersten revolutionären Gesetze in Zusammenhang mit der Wiedergewinnung veruntreuter Güter, der Senkung der Tarife für Grundleistungen, der Wiedereinstellung von während der Tyrannei zu unrecht entlassener Arbeiter, der Stadt- und Landreform und anderen Maßnamen grundlegender sozialer Gerechtigkeit schreckten die reichsten Schichten unserer Gesellschaft, die begannen, in die Vereinigten Staaten auszuwandern.

Seit dem ersten Tag der Revolution wurden die Visa für die Vereinigten Staaten ungewöhnlich schnell ausgegeben, vor allem für Personen aus der Ober- und Mittelschicht, Ärzte und andere Akademiker, Professoren, Lehrer, Techniker und qualifizierte Arbeiter, von denen sich viele schon immer danach gesehnt hatten, in dieses Land auszuwandern. Die Feindseligkeit gegenüber der Revolution und der Vorsatz, uns um qualifiziertes Personal zu bringen, war fast unmittelbar deutlich geworden. Außerdem brauchten sie ehemalige Offiziere Batistas und junges Personal, um die Söldnerbrigade für den Überfall zu bilden, ein Plan von dem damals niemand wußte. Die legalen Ausreisen in die Vereinigten Staaten wurden aber immer genehmigt. Der Diebstahl von Köpfen stimulierte die kolossalen Bildungsanstrengungen, mit denen die siegreiche Revolution unmittelbar begonnen hatte. Noch in den Tagen der Schweinebucht-Invasion wurden die Flüge aufrechterhalten. Nach der Oktoberkrise suspendierten die US-Behörden abrupt die Flüge und die Visa. Zehntausende von Familien blieben getrennt. Hingegen empfing man auf dem Staatsgebiet der USA noch vor dem Cuban Adjustment Act alle die Personen, die an den Küsten der Vereinigten Staaten auf eigenem Weg ankamen oder die Flugzeuge oder Boote entführt hatten.

Nach Camarioca verließen 360 000 Kubaner das Land, mit Genehmigung, auf legale Weise, absolut sicher und ohne ein einziges Opfer. Unter ihnen befanden sich neben Verwandten von in den USA lebenden Kubanern eine große Anzahl von Fachleuten und Lehrern, die in den Vereinigten Staaten einen zehn Mal größeren Lohn verdienen konnten als in Kuba, außerdem qualifizierte Arbeiter und Techniker von wichtigen Industrien. Es handelte sich wahrhaft um Wirtschaftsemigranten. Trotzdem bekam jeder, der in den USA ankam, die Bezeichnung "politischer Flüchtling" oder "Exilierter". Wenn man dieses Konzept auf die Mexikaner oder andere Lateinamerikaner, die in die USA emigrieren, anwenden würde, gäbe es zwischen 12 und 15 Millionen mexikanische politische Flüchtlinge (Beifall); eine Million haitianische politische Flüchtlinge; eine Million dominikanische politische Flüchtlinge; Hunderttausende von Mittelamerikanern wären politische Flüchtlinge, und wer weiß wie viele Puertoricaner (Beifall). Denn die Puertoricaner sind Patrioten, sie lieben ihr Land. Und warum gingen sie in die USA? Aus wirtschaftlichen Gründen. Auf diese Weise gibt es fast so viele von ihnen hier wie dort auf ihrer Insel.

Es versammeln sich eine Million in New York, dieses Jahr sahen wir sie, wie sie die gerechte Sache von Vieques verteidigten (Beifall). Darüber haben wir eine Podiumsdebatte mit hochangesehenen internationalen Persönlichkeiten veranstaltet.

Diese Podiumsdebatten werden per Satellitenfernsehen in alle Welt verbreitet, selbstverständlich in englischer Sprache, da die am meisten gesprochen wird. Unser Fernsehen sendet sie auch über das Internet. Klar, leider haben nur 1 % der Afrikaner Internet, zu ihnen muß man im Radio sprechen. Das selbe geschieht mit Lateinamerika.

Bezüglich dieses Themas der Kommunikation und der Zusammenarbeit mit den Ländern der Dritten Welt möchte ich euch bekanntgeben, daß wir ein Programm entwickelt haben, um per Radio das Lesen und Schreiben zu lehren. Diese Idee entsteht eines Tages, als uns der sich zu Besuch in Kuba befindliche Präsident von Niger auf die Frage nach der Analphabetenquote in seinem Land antwortete: 87 % Analphabetismus und eine Abdeckung mit Schulen von nur 17 %. Man feiert den Eintritt in das folgende Jahrhundert und das folgende Jahrtausend. In welchem Jahrhundert des dritten Jahrtausends wird jenes Land, das die gleiche Bevölkerungszahl wie Kuba hat, den Analphabetismus beseitigt haben?

Ich dachte darüber nach, daß unser Land, mit 11 Millionen Einwohnern, genau wie Niger, über 250 000 Professoren und Lehrer verfügte; genau wie im Fall der Ärzte besitzt es auch den weltweit höchsten Pro Kopf-Anteil von Lehrern. Wenn man an jene Analphabetenrate denkt und außerdem weiß, daß die Kindersterblichkeitsrate von 0 bis 5 Jahren in Niger mehr als 200 pro 1 000 Lebendgeborenen beträgt, daß bedeutet mehr als fünfundzwanzig Mal die Kindersterblichkeit Kubas, ist es unmöglich, sich nicht die Frage zu stellen: Wann, wann, wann? Ich frage ihn: "Haben sie Radio?" Er antwortet: "Ja, fast alle Familien haben Radio." Ich sage: "Wie, wenn sie keinen Strom haben?" Er erklärt mir: Ja, weil sie ein japanisches Gerät haben, das soundsoviel Dollar kostet, mit dem sie über Strom zum Hören des Radios verfügen können."

Ich schlug vor, daß eine Gruppe von kubanischen Pädagogen die Möglichkeit prüft, per Radio das Lesen und Schreiben zu lehren, ausgehend von der Idee, ein kleines Handbuch zu erarbeiten, das unter Verwendung von Tier-, Pflanzen- und Gegenstandsbildern ermöglicht, die Buchstaben des Alphabets zu identifizieren und Silben, Worte und Sätze zu entwickeln, und mit dem man mittels Radioübertragungen unter der Leitung von fachlich ausgebildeten Lehrern Konzepte in die ausgewählte Sprache einbauen könnte. Innerhalb von drei Monaten erarbeiteten unsere Pädagogen eine Methode, die – nachdem sie in Haiti in Kreolisch mit 300 Analphabeten einer Probe unterzogen wurde – wirklich vielversprechende Ergebnisse ergibt. Bald wird der Test mit 3 000 Personen begonnen. Ein Alphabetisierungskurs im Fernsehen wäre sehr einfach, doch der Zugang zu einem solchen Medium ist für die Mehrheit der Analphabeten auf der Welt unmöglich. Unsere Fachleute im Bereich der Pädagogik, die das Experiment durchgeführt, verfolgt und angeleitet haben, sind erstaunt. Es wurde in Französisch, Portugiesisch und Kreolisch erarbeitet.

Später kann man mit der Dritten Welt eine andere Zusammenarbeit eingehen, um Hunderten Millionen Menschen zu wirklich geringsten Kosten das Lesen und Schreiben beizubringen (Beifall). Schluß damit, weiterhin davon zu sprechen, daß es 800 Millionen erwachsene Analphabeten gibt, wenn man mit der Verwendung des Radios, das weder Internet noch Fernsehen oder ähnliches ist, erreichen kann, Hunderten Millionen Menschen das Lesen und Schreiben beizubringen.

Niemand kann sich vorstellen, wie erniedrigt sich ein Mensch fühlt, der nicht lesen und schreiben kann. Ich erinnere mich viel an meine Mutter und meinen Vater, die kaum lesen und schreiben konnten, ich bin ein Zeuge davon, wieviel sie litten. Ich weiß es. Das erklärt den Durst nach Wissen, den ich in unserem Volk erkenne. Wenn sie auch die zehnte oder zwölfte Klasse erreicht haben, haben sie einen unstillbaren Durst, andere Dinge zu wissen; wir haben es entdeckt, und auf Grund dessen haben wir bestimmte Programme vorbereitet – ich habe die Hoffnung, daß ihr sie eines Tages kennenlernt -, die schlichtweg erstaunlich sind, gezielt auf eine massenhaft verbreitete allgemeine und integrale Kultur. Wir werden sogar Sprachen unterrichten.

Ich werde euch etwas verraten: Es begann bereits das neue Schuljahr in Kuba. Unsere Schulen haben in diesem Moment – ausgehend von der Schlacht für die Rückkehr Eliáns und dem Erstaunen, in das uns das Talent unserer Kinder versetzte – einen 20 Zoll-Farbfernseher pro 100 Schüler unter den 2,4 Millionen Grund-, Real- und Mittelschülern, was 4,6 Millionen Dollar kostete (Beifall); und 15 000 Videorekorder, die 1,5 Millionen Dollar kosteten. So finden also vollkommen die Massenmedien in unser Schulsystem Eingang, zur Unterstützung unserer mehr als 250 000 Lehrer und Professoren.

Es genügt zu sagen, daß im Oktober von 7.00 Uhr bis 9.00 Uhr morgens ein Kurs in Erzähltechniken erteilt wird, der von einem der fähigsten Intellektuellen unseres Landes erarbeitet wurde, und ab dem 1. November wird es von 7.00 Uhr bis 8.00 Uhr morgens einen dreimal wöchentlich stattfindenden Spanischkurs geben. Ein großer Teil unserer Bevölkerung erinnert sich schlichtweg nicht an die Grammatikregeln, die sie vor langer Zeit erlernten. Ich sage im Scherz, daß wir nicht Spanisch, sondern einen Dialekt sprechen.

Gut, dreimal wöchentlich Spanisch und, staunt, zweimal wöchentlich Englisch. Wir sehen Englisch als die universelle Sprache an: Jahrhunderte britischer Kolonialismus und etwa 100 Jahre – laßt es uns mit Eleganz ausdrücken – enormer US-amerikanischer Einfluß haben sie zu einer universellen Sprache gemacht; sie ist verbreitet, aber nicht patentiert, wir benutzen sie.

Fast alle wissenschaftlichen und literarischen Bücher erscheinen zunächst in Englisch. Man schenkt mir viele und sie sind in Englisch.

Wir werden die Kenntnis der englischen Sprache massenhaft verbreiten, die Fernsehkurse sind bereits vorbereitet. Viele dieser Tausenden von Lehrern werden sie sehen, oder sie werden sie aufzeichnen und dort in der Schule selbst anschauen, sie brauchen die Schule nicht zu verlassen.

Unmittelbar darauf werden wir ähnliche Kurse in Französisch anbieten. Wir zielen darauf, daß alle unsere Bürger oder die überwiegende Mehrheit gemäß ihrem Alter drei Sprachen beherrschen: Spanisch, Englisch und Französisch (Beifall), zu geringen Kosten: die Ausgaben für den Strom bei den Übertragungen und die Materialien, die wir ihnen schriftlich zuschicken, an all diejenigen, die den Kurs direkt erteilt bekommen, oder an die Bürger, die darum bitten. In diesem letzten Fall würden wir sie ihnen zuschicken, wobei wir die Kosten für Produktion und Verteilung berechnen. Das sind Kurse für alle diejenigen, die sie verwenden möchten, und wir werden sie fördern.

Ich denke, daß die Tatsache, euch von dieser Idee zu erzählen, viele Mitbürger – praktisch alle – zufrieden machen wird.

Eines Tages fragte ich den Minister: "Wie viele Englischlehrer fehlen dir in der Mittelschulbildung?" Und er sagte mir: "Zweitausend". Ich antwortete ihm: "Du hast zu viele". Und es geht nicht darum, Lehrer der Mittelschule oder der Grundschule zu reduzieren; im Gegenteil, es wird keine Lehrerstelle weggenommen, sondern die Stellen werden erhöht, um die Anzahl der Schüler pro Lehrer zu verringern. Wir befinden uns bereits in dieser Schlacht, um die Qualität der Ausbildung zu erhöhen. Aber wir werden die Massenmedien bereitstellen, unser Fernsehen, bei dem es keine Werbung gibt, im Dienst der Ausbildung und einer massenhaft verbreiteten integralen Kultur (Beifall).

Ich denke, daß unser Land in eine neue Etappe eingetreten ist, eine absolut neue Etappe. Ich sage nicht mehr (Beifall).

Ich habe zu lange geredet und nicht mein Wort eingehalten (Beifall). Ich werde nur wenige Minuten zusätzlich verwenden.

Ich versprach euch, vor dem Ende meiner Rede von zwei Dingen zu sprechen: zunächst über das Kind. Elián geht es hervorragend (Beifall), ihr könnt euch nicht vorstellen, was für ein glücklicher Junge er ist, welch ein intelligentes Kind, was für ein ernsthaftes Kind, es ist wirklich außergewöhnlich. Er wurde nicht von Menschenmassen empfangen – wie wir vorher gesagt hatten -, es waren nur seine Schule und die nächsten Verwandten. Niemand von uns, keine Führungspersönlichkeit der Partei oder des Staates war dort zugegen. Die Familie verblieb sechs Minuten, um die zu grüßen, die sie empfingen, und unmittelbar darauf verließ Elián den Flughafen. Er verpaßte den Unterricht nicht einmal an dem Tag, als er aus den Vereinigten Staaten abreiste. In zwei Monaten hatte er zusammen mit seiner Familie, seiner Lehrerin und seinen Mitschüler außerordentliche Fortschritte gemacht, und danach in Kuba bekam er vom 29. Juni bis zum 28. Juli gemeinsam mit seinen Klassenkameraden, die dort in den USA waren, intensiven Unterricht erteilt, es fehlten ihm einige Laute. Er beendete das Schuljahr auf dem selben Niveau wie die anderen Kinder und wechselte in die zweite Klasse.

Der Vater drängte mich, Elián kennenzulernen. Ich sagte ihm: "Ich warte, bis das Schuljahr beendet ist." Und als das Schuljahr endete, traf ich ihn mit aller Diskretion und begrüßte ihn.

Unser Problem besteht jetzt darin, zu wissen, was zu tun ist, damit dieser Junge weiter ein normales Leben führt und seinen normalen Schulunterricht weiterführt, denn dieses Kind kennt die ganze Welt. Wir verfügen über die Unterstützung der ganzen Bevölkerung, die Mitwirkung des ganzen Volkes: wenn er in die Schule geht, sich ihm nicht zu nähern, keine Parolen zu rufen; ihn wie alle anderen Kinder behandeln. Er erschien nur sehr wenige Male im Fernsehen, weil die Bevölkerung darum gebeten hat. Niemals eine direkte Frage an das Kind, er wird zusammen mit der Familie aufgenommen, Einstellungen dieser Art, und sehr kurze Berichte. Man hat eine totale Sorgfalt gehabt.

Am 1. September begann bereits das neue Schuljahr, er wohnt weiter in dem selben bescheidenen Haus wie vorher; er besucht die selbe Schule; er hat die gleichen Lehrer, denn diese rotieren bis zum vierten Schuljahr, es sind diejenige, die in Wye Plantation war und die andere, die sie nicht kommen ließen; es sind weiterhin die selben Mitschüler der ersten Klasse mit ihm zusammen. Und sein Vater beginnt Mitte dieses Monats, in der selben bescheidenen Arbeitsstelle zu arbeiten, das ist das, was er will. Alle fordern, daß er sie besucht. Denn es ist nicht nur das Kind, auch der Vater erlangte im Land ein außergewöhnliches Ansehen. Er widerstand allem, als sie versuchten, ihn sogar mit seinem eigenen Kind zu kaufen, Versprechen, das Kind zu übergeben, wenn er in den USA bleiben würde, Millionenbeträge, und er zögerte nicht einmal eine Sekunde (Beifall). Er ist meiner Ansicht nach ein Vorbild. Bezüglich dessen muß ich sagen, daß ich mich nicht in Details aufhalten werde, wir werden euch Materialien zusenden, damit spare ich Zeit,; aber ihr werdet über das Kind auf dem Laufenden gehalten.

Man verwendete das angemessene Kriterium, daß dieses Kind eine optimale Ausbildung erhalten muß; man hätte nichts gewonnen, wenn dieser Junge zurückkommt und in Wirklichkeit kein guter Schüler und guter Bürger ist. Sie sind ein Vorbild für unser Volk und in gewisser Weise ein Vorbild für viele Millionen Menschen auf der Welt.

Niemals wird unser Volk aufhören, euch zu danken, die ihr so viel Sorge gezeigt habt, den Abgeordneten, die hier sprachen und anderen, die so viel kämpften; dem Rat der Kirchen, den verschiedenen Kirchen, die mit aller Aufrichtigkeit eine so gerechte Sache verteidigten.

Ich muß erwähnen, daß unser Volk auf die selbe Weise niemals das US-amerikanische Volk vergißt, das massenhaft die legitimen Rechte des Vaters und des Kindes unterstützte, und daß es ihm ewig danken wird. Einmal mehr sagte ich mir: Das US-amerikanische Volk ist sehr idealistisch. Damit es eine ungerechte Sache unterstützt, muß man es erst betrügen und es wie in Vietnam und an anderen Orten glauben lassen, daß dies gerecht sei. In diesem Fall erkannte es die Wahrheit durch eine Reihe von Faktoren, und im besonderen durch die Aktivität der Massenmedien, die die Bilder der 400 000 demonstrierenden Mütter übertrugen, von Hunderttausenden von demonstrierenden Kindern, einer Million demonstrierenden Menschen, in einem Kampf, der über sieben Monate hinweg geführt wurde und der heute weitergeführt wird gegen den Cuban Adjustment Act wegen der Opfer, die er verursacht; gegen das Torricelli-Gesetz, das Helms-Burton-Gesetz, die Blockade und den Wirtschaftskrieg; letztlich für den Respekt vor und den Frieden für unser Land. Das schworen wir dort in Baraguá, wo der historische Protest von Antonio Maceo stattfand, und für diese Ziele kämpfen wir heute.

Als das US-amerikanische Volk die Wahrheit erfuhr, unterstützte es das Kind und seine Familie, in einem Ausmaß, das mehr als 80 % der Bevölkerung umfaßte und bei der afroamerikanischen Bevölkerungsgruppe in einem entscheidenden Spitzenmoment 92 % erreichte (Beifall). Das kann unser Volk niemals vergessen.

Ich habe nicht die Absicht, unser Vaterland als perfektes Modell von Gleichheit und Gerechtigkeit zu präsentieren. Wir glaubten am Anfang, daß durch die Herstellung der absolutesten Gleichheit vor dem Gesetz und die absolute Nichtduldung jeder Ausdrucksform von sexueller Diskriminierung im Fall der Frauen oder rassischer Diskriminierung im Fall der ethnischen Minderheiten diese Phänomene aus unserer Gesellschaft verschwinden würden. Wir brauchten Zeit, um festzustellen – ich sage das so -, daß die gesellschaftlichen Randphänomene und mit ihnen die Rassendiskriminierung in der Tat etwas sind, das man weder mit einem noch mit zehn Gesetzen beseitigt, und auch in 40 Jahren haben wir es noch nicht geschafft, dies total zu beseitigen.

Es wird niemals einen Fall der Anwendung der Rechtsprechung nach ethnischen Kriterien geben; aber wir haben mit der Zeit entdeckt, daß die Nachfahren der Sklaven – jener, die in den Holzbaracken lebten – am ärmsten waren und auch nach der angeblichen Abschaffung der Sklaverei an den ärmsten Orten lebten.

Es gibt vernachlässigte Randzonen, es gibt Hunderttausende von Menschen, die in vernachlässigten Randzonen leben, und zwar nicht nur Schwarze und Mestizen, sondern auch Weiße. Es gibt eine weiße Marginalisierung, die in der vorherigen Gesellschaft ihren Ursprung hat. Und ich sagte euch, daß in unserem Land eine neue Epoche eingeläutet wurde. Ich hoffe, ich kann euch eines Tages von den Dingen erzählen, die wir jetzt machen, und davon, wie wir sie weiter machen werden.

Wir haben kein Geld, um die Wohnungen zu bauen, in denen alle die Personen leben, die wir als unter Bedingungen der gesellschaftlichen Randexistenz lebend bezeichnen können; aber wir haben viele andere Ideen, die nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag warten, mit denen unser Volk, vereint und vollständig gerecht, bis zum geringsten Rest alle Marginalisierung und Diskriminierung jeder Art verschwinden lassen wird. Ich habe absolutes Vertrauen, daß wir es schaffen, denn diesem Ziel widmet sich heute die Führung unserer Jugend, unserer Studenten und unseres Volkes.

Ich füge nichts mehr hinzu, ich sage euch einfach, daß wir uns dessen bewußt sind, daß in unserem Land noch gesellschaftliche Randphänomene existieren; doch es gibt einen entschiedenen und totalen Willen, dies zu beenden, mittels der Methoden, mit denen diese Aufgabe durchgeführt werden muß, und damit es immer mehr Einheit und Gleichheit in unserem Volk gibt (Beifall).

Im Namen meines Volkes verspreche ich es euch und wir werden euch über den Fortgang unserer Anstrengungen informieren.

Als die US-Amerikaner dort in Kuba waren und uns von dem Problem erzählten, von den beiden Fällen, die ich erwähnte, Sankofa und Mumia, boten sie mir eine breite Information an über ihr Leben und die gegen sie verübte Ungerechtigkeit. Die Podiumsdebatten halfen viel dabei, Bewußtsein zu erlangen über die Schwere dessen, was dort geschah. Es ist keine Schande, arm zu sein, der Fehler, den irgendein junger Mensch als Kind oder als Heranwachsender begeht, ist keine Schande. Die Schande besteht darin, daß in diesem beginnenden Jahrhundert, mit all dem technischen Fortschritt, wo der Mensch die Absicht hat, sogar den Planeten Mars zu besiedeln, es Kinder, Heranwachsende und Bürger auf unserem Planeten gibt, die am Rand der Gesellschaft leben (Beifall), und daß sie in vielen Ländern zusätzlich zu ihrer Marginalisierung auch noch diskriminiert werden.

Das ist das Letzte, was ich euch sage, und es bleibt nur dieses Blatt, um euch eine Nachricht zu erläutern, die heute veröffentlicht wurde, von der der Pastor dieser Kirche sprach, und er redete von einem Signal. Mir erschien es unglaublich, daß das Einfachste der Welt zu einer großen Nachricht wurde. Ich dachte, daß die große Nachricht das sein müßte, was auf der Welt geschieht, die Themen, die beim Gipfeltreffen der Vereinten Nationen diskutiert wurden, das, was wir machen müssen, um die menschliche Spezies zu retten, und zwar nicht nur in Afrika. Bei dem Tempo, mit dem wir uns bewegen, gehen nicht nur die Afrikaner, sondern wir alle zugrunde. Bei der Geschwindigkeit, mit diesen Konsummodellen, die zur Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen und der Atmosphäre führen, zum Mangel und der Verseuchung des Trinkwassers und der Meere, zu den Klimaveränderungen, den Naturkatastrophen, der Armut, den gewaltigen und wachsenden Unterschieden zwischen den Ländern und innerhalb der Länder, kann man mit mathematischer Präzision behaupten, daß die wirtschaftliche und soziale Ordnung, die heute auf der Welt existiert, untragbar ist. Man tendiert dazu zu denken, daß diese Themen wirklich wichtig sind. Ich war überrascht zu sehen, daß die große Nachricht, fast ein Skandal, in dem Ereignis bestand, das gestern auf absolut zufällige Weise bei den Vereinten Nationen stattfand. Bevor ich hierher kam, sah ich mich gezwungen, eine kurze Klarstellung zu schreiben. Ich titulierte sie "Die Begrüßung Clintons", und darin heißt es:

"Nach dem Mittagessen auf Einladung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen nach Beendigung der Eröffnungssitzung des Milleniumsgipfels wurden wir alle gebeten, uns für das offizielle Foto zu einem Raum zu begeben. Wir gingen dorthin, beinahe einer nach dem anderen, durch einen engen Durchgang zwischen vielen Tischen hindurch. Kaum vier Meter vor mir bemerkte ich Clinton, der mehrere Staatschefs, die dort vorbeikamen, begrüßte. Aus Höflichkeit gab Clinton jedem von ihnen die Hand. Ich konnte nicht weglaufen, um zu vermeiden, an diesem Punkt vorbeizukommen" – mehr noch, ich konnte nirgendwo hin rennen (Lachen) – "er konnte es auch nicht. Für beide wäre das peinlich feige gewesen. Ich ging weiter hinter den anderen her. Nach circa zwei Minuten kam ich an den Ort, wo ich vor ihm vorbeigehen mußte. Wie die anderen blieb ich einige Sekunden stehen und grüßte ihn mit allem Anstand und Höflichkeit (Beifall); er tat genau dasselbe und ich ging weiter. Etwas anderes zu tun wäre extravagant und ausfällig gewesen. Das ganze dauerte weniger als 20 Sekunden.

Das schlichte Detail war bald bekannt. Viele Presseorgane berichteten über den Vorfall in freundlichem Ton. Sofort kursierten Dutzende von Gerüchten. Nicht gut informierte offizielle Pressesprecher gaben unterschiedliche Versionen ab.

Die Mafia in Miami" – ich meine nicht die vielen guten Kubaner, die in Miami leben – "wurde hysterisch. Laut ihnen hatte der Präsident ein schweres Verbrechen begangen. Zu solchen Extremen gelangt ihr Fundamentalismus.

Ich meinerseits bin mit meinem respektvollen und zivilisierten Verhalten gegenüber dem Präsidenten des Landes, das Gastgeber des Gipfeltreffens war, zufrieden." (Beifall)

Heute geben noch mehr Gerüchte und offizielle Meldungen an, ich habe mich dorthin bewegt, wo der Präsident war. So etwas ist nicht nötig. Jedermann weiß, daß ein ehrbarer Kubaner niemals einen Gruß oder eine Ehrung erbettelt.

Ich bin am Schluß angelangt. Entschuldigt, daß ich solange gesprochen habe.

Danke (Beifall).

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