Reflexion

DER GEHEIME GIPFEL

Weder die auf dem Gipfel in Port of Spain Vertretenen noch die von ihm Exkommunizierten konnten bis jetzt in Erfahrung bringen, was dort diskutiert wurde. Uns allen wurden Hoffnungen gemacht, dass das Treffen nicht geheim sein würde, aber die Herren über das Schauspiel haben uns einer solch interessanten intellektuellen Übung beraubt. Wir werden das Wesentliche kennen lernen, aber nicht den Klang der Stimme, nicht die Augen oder das Gesicht, welche die Ideen, die Ethik und den Charakter der Personen so sehr widerspiegeln. Ein geheimer Gipfel ist schlimmer als ein Stummfilm. Im Fernsehen wurden wenige Minuten lang einige Ausschnitte gezeigt. Links von Obama war ein Herr, den ich nicht gut identifizieren konnte, wenn er die Hand so auf Obamas Schulter legte, als wenn es ein achtjähriger Schuljunge einem Mitschüler der ersten Reihe gegenüber tun würde. An seiner Seite stehend unterbrach ein weiterer des Gefolges den Präsidenten der Vereinigten Staaten, um ein Zwiegespräch mit ihm zu führen. In denen, die ihn belästigten, sah ich das Abbild einer Oligarchie, welche niemals den Hunger kennen gelernt hat, und die hoffen, in der mächtigen Nation von Obama das Schild zu besitzen, dass das System vor den gefürchteten sozialen Veränderungen schützt.

Auf dem Gipfel war bis zu jenem Augenblick eine seltsame Atmosphäre vorherrschend.

Das künstlerische Schauspiel des Gastgebers glänzte wirklich. Selten, vielleicht niemals vorher, habe ich etwas Ähnliches gesehen.  Ein guter Sprecher, scheinbar aus Trinidad und Tobago, hatte stolz gesagt, dass es etwas Einzigartiges war.

Es war Kultur im höchsten Maße und gleichzeitig verschwenderischer Luxus. Ich habe ein bisschen überlegt. Ich habe berechnet, wie viel das alles gekosten haben wird und plötzlich wurde mir klar, dass kein anderes Land der Karibik sich den Luxus leisten könnte, solch ein Schauspiel zu geben, und dass der Austragungsort des Gipfels  unermesslich reich ist, eine Art Vereinigte Staaten, umringt von kleinen armen Ländern. Könnten die Haitianer mit ihrer reichhaltigen Kultur oder Jamaika, Granada, Dominica, Guyana, Belize oder ein anderes Land, Austragungsort eines so luxuriösen Gipfels sein? Ihre Strände können wunderbar sein, aber sie würden nicht von den Türmen umringt sein, welche die Landschaft von Trinidad und Tobago kennzeichnen, und welche mit jenem nicht erneuerbaren Rohstoff die umfangreichen Ressourcen speichern, welche heute den Reichtum jenes Landes stützen. Fast alle anderen Inseln, die zur Gemeinschaft der Karibik gehören, sind weiter nördlich gelegen und werden direkt von den Hurrikans zunehmender Intensität heimgesucht, welche Jahr für Jahr unsere Bruderinseln der Karibik geißeln. 

Ob jemand bei diesem Treffen daran erinnert hat, dass Obama versprochen hat, so viel Geld als erforderlich zu investieren, um die Selbstversorgung der Vereinigten Staaten mit Kraftstoff abzusichern? Solch eine Politik würde viele der dort versammelten Staaten direkt betreffen, welche nicht über die erforderlichen Technologien und riesigen Investitionen für eine Bemühung in jener oder einer anderen Richtung verfügen können.

Etwas, was mich wirklich bis zum jetzigen Zeitpunkt des Gipfels, d.h. bis heute, Samstag, um 11:47 Uhr, wo ich diese Zeilen verfasse, tief  beeindruckt hat: die Rede von Daniel Ortega. Ich hatte mir selber versprochen, nichts bis zum nächsten Montag, dem 20. April, zu veröffentlichen, um erst die Geschehnisse des berühmten Gipfels zu verfolgen.

Es sprach nicht der Ökonom, der Wissenschaftler, der Intellektuelle oder der Dichter. Daniel hat kein gespreiztes Vokabular ausgewählt, um seine Zuhörer zu beeindrucken. Es sprach der Präsident eines der fünf ärmsten Länder der Hemisphäre, der revolutionäre Kämpfer, im Namen einer Gruppe mittelamerikanischer Länder und der Dominikanischen Republik, welche dem SICA (System der Mittelamerikanischen Integration) angehört.

Es würde genügen, einer der mehreren hunderttausend Nikaraguaner zu sein, die in der ersten Etappe der Sandinistischen Revolution Lesen und Schreiben erlernten, wo die Analphabetenrate von 60% auf 12 % vermindert wurde, oder als Daniel 2007 erneut die Macht übernahm, als diese Kennziffer 35% erreicht hatte. 

Seine Rede dauerte circa 50 Minuten, er sprach bedächtig und gelassen, aber wenn ich sie vollkommen wiedergeben würde, würde diese Reflexion zu lang werden.

Ich werde seine einzigartigen Aussagen zusammenfassen, indem ich seine eigenen Worte bei jeder der von ihm übermittelten Grundideen wörtlich wiedergebe. Ich werde keine Auslassungspunkte verwenden und werde nur dort Anführungsstriche angeben, wo Daniel sich auf wörtliche Aussagen anderer Personen oder Einrichtungen bezieht:  

Nicaragua hat sich an den Internationalen Gerichtshof von Den Haag gewendet: es legte seine Klage gegen die Kriegspolitik, gegen die Terrorpolitik ein, welche Präsident  Ronald Reagan im Namen der Vereinigten Staaten durchführte.

Unser Verbrechen: Uns von der Tyrannei von Anastasio Somoza befreit zu haben, der Nikaragua durch die Intervention von Yankee-Truppen aufgezwungen worden war.

Mittelamerika sah sich seit dem vergangenen Jahrhundert erschüttert von alledem, was die jeweilige Expansionspolitik darstellte, Arten der  Kriegspolitik, welche uns Mittelamerikaner dazu geführt haben, uns zu verbünden, um sie zu besiegen. 

Anschließend waren es die Interventionen, die von 1912 bis 1932 dauerten, und in deren Ergebnis die Tyrannei der Somoza auferlegt wurde, welche von den US-amerikanischen Regierenden bewaffnet, finanziert und verteidigt wurde.

Ich hatte die Möglichkeit, auf Präsident Reagan zu treffen, als der Krieg voll im Gange war, wir haben uns die Hand gereicht und ich bat ihn, den Krieg gegen Nikaragua einzustellen.

Ich hatte die Möglichkeit, auf Präsident Carter zu treffen und als er zu mir Folgendes sagte: „Jetzt, wo die Somoza-Tyrannei weg ist, ist es für das nikaraguanische Volk an der Zeit, dass Nikaragua sich verändert“. Ich sagte zu ihm:  Nein, nicht Nikaragua muss sich verändern, sondern Sie müssen sich verändern, Nikaragua hat niemals die Vereinigten Staaten überfallen; Nikaragua hat niemals die Häfen der Vereinigten Staaten vermint; Nikaragua hat keinen einzigen Stein gegen die US-amerikanische Nation geworfen; Nikaragua hat den Vereinigten Staaten keine Regierungen aufgezwungen. Sie sind es, die sich ändern müssen, nicht die Nikaraguaner.

Noch voll während des Krieges hatte ich die Möglichkeit, auf jenen zu treffen, der gerade die Präsidentschaft der Vereinigten Staaten übernommen hatte, George Bush, Senior.  Bei einem Treffen in Costa Rica, im Jahr 1989, saßen wir einander gegenüber, nachdem wir Platz genommen hatten, d.h. Präsident Bush und ich. Er kommentierte es wie folgt: „Hier ist die Presse gekommen, weil sie uns streiten sehen wollen, den Präsidenten der Vereinigten Staaten und den Präsidenten von Nikaragua, und wir haben uns bemüht, der Presse nicht den Gefallen zu tun”, sagte Bush.

Nikaragua war weiterhin dem von den Vereinigten Staaten aufgezwungenen Krieg unterworfen. Nach der von Nikaragua dem Internationalen Gerichtshof von Den Haag vorgelegten Klage traf das Gericht eine Entscheidung und verkündete ein Urteil, das ganz klar feststellte, dass „die Vereinigten Staaten alle ihre militärischen Aktionen einstellen müssen, die Verminung der Häfen, die Finanzierung des Krieges; dass sie angeben müssten, an welchen Stellen sie die Minen gelegt hatten, worüber sie die Information verweigert hatten“. Der Gerichtshof ordnete außerdem an, dass die Regierung der Vereinigten Staaten Nikaragua zu entschädigen habe, ebenfalls wegen der von ihnen dem Land auferlegten Wirtschafts- und Handelsblockade.

Die von uns in Nikaragua, in Mittelamerika und in Lateinamerika jetzt ausgefochtenen Kämpfe, um unsere Völker vom Analphabetismus zu befreien, sind Kämpfe, die wir mit Hilfe der bedingungslosen, großmütigen Solidarität  des Brudervolkes von Kuba austragen, mit der von Fidel, welcher jene solidarischen Prozesse der Alphabetisierung gefördert hat, und von Kubas Präsident Raúl Castro, der diese Programme fortgesetzt hat, die allen lateinamerikanischen und karibischen Völkern zugänglich sind.

Anschließend hat sich mit einem großzügigen Geist das bolivarianische Volk, das Volk von Venezuela, mit seinem Präsidenten Hugo Chávez Frías angeschlossen.

Hier sind wir, eine große Mehrheit der Präsidenten und Regierungsoberhäupter von Lateinamerika und der Karibik, anwesend. Es nehmen der Präsident der Vereinigten Staaten und der Premierminister von Kanada teil. Aber hier gibt es zwei bedeutende Abwesende: einerseits Kuba, dessen Verbrechen es gewesen ist, um die Unabhängigkeit, um die Souveränität der Völker zu kämpfen; unseren Völkern bedingungslose Solidarität zu leisten, und dafür werden Sanktionen gegen es verhängt, deswegen wird es bestraft, deshalb wird es ausgeschlossen. Aus diesem Grund fühle ich mich nicht sehr wohl auf diesem Gipfel, ich kann mich auf diesem Gipfel nicht behaglich fühlen, ich schäme mich, an diesem Gipfel unter Ausschluss von Kuba teilzunehmen.

Ein weiteres Volk ist nicht hier anwesend, weil  – im Gegensatz zu Kuba, einer  unabhängigen, solidarischen Nation – jenes andere Volk noch der kolonialistischen Politik unterworfen ist: Ich meine hiermit das Brudervolk von Puerto Rico.

Wir arbeiten daran, ein großes Bündnis aufzubauen, eine große Einheit der lateinamerikanischen und karibischen Völker. Der Tag wird kommen, an dem ebenfalls das Volk von Puerto Rico diesem großen Bündnis angehören wird.    

In den 50er Jahren war die Rassendiskriminierung institutionalisiert, sie war Teil des US-amerikanischen Lebensstils, Teil der  US-amerikanischen Demokratie: die Schwarzen konnten weder in die Restaurants der Weißen hineingehen, noch in die Bars der Weißen;  die Kinder der Familien der Schwarzen konnten nicht die Schulen besuchen, an denen weiße Kinder lernten.  Um die Mauer der Rassendiskriminierung zu zerbrechen war es notwendig – und das weiß Präsident Obama besser als wir selbst - Martin Luther King hat gesagt: „Ich habe einen Traum“. Der Traum wurde Wirklichkeit und in den Vereinigten Staaten von Amerika ist die Mauer der Rassendiskriminierung dank des Kampfes jenes Volkes eingestürzt.

Diese Versammlung, dieses Treffen, beginnt genau an dem Tag, an dem im Jahr 1961 die Invasion auf Kuba begonnen wurde. Bei einer Unterhaltung vermittelte mir Raúl Castro, Präsident von Kuba, einige Angaben:  “Daniel, Präsident Obama wurde am 4. August 1961 geboren, er war dreieinhalb Monate alt, als der Sieg am 19. April jenes Jahres in Playa Girón erreicht wurde; es ist offensichtlich, dass er keine Verantwortung an jenem geschichtlichen Geschehnis hat.  Am 15. April – die Bombardements; am 16. wird von Fidel der Sozialismus ausgerufen, bei der Bestattung der Opfer; am 17. beginnt die Invasion; am 18. gehen die Kämpfe weiter und am 19., der Sieg, vor Ablauf der 72 Stunden.  So Raúl.” (Raúl erzählte mir nach seiner Rückkehr von Cumaná, dass er, als er Daniel eine Notiz schrieb und schnell überschlug, sich geirrt hatte, als er behauptete, dass die Invasion auf Playa Girón stattfand, als Obama dreieinhalb Monate alt war, dass er hätte sagen müssen, dass dieser dreieinhalb Monate danach geboren wurde und dass er ganz allein Schuld an diesem Fehler hat.) 

Das ist Geschichte. Im Jahr 2002, ebenfalls im Monat April, am 11. April, findet ein Putsch mit der Absicht, einen in der Bolivarianischen Republik Venezuela gewählten Präsidenten zu ermorden, statt.  Präsident Hugo Chávez wurde gefangen genommen und es wurde befohlen, ihn zu ermorden. Als die Marionetten-Regierung auftaucht, anerkennt die US-Regierung mittels ihres Sprechers die Putschisten und gibt den Putschisten Recht. Wir haben guten Grund zu sagen, dass das nicht Vergangenheit ist; diese Gewalttaten gegen die Institutionalität eines Volkes, einer fortschrittlichen, solidarischen, revolutionären Nation, ereigneten sich vor knapp sieben Jahren.

Ich bin der Meinung, dass die Zeit, die ich mir nehme, viel geringer ist, als die, die ich mir zu nehmen gezwungen sah, als ich drei Stunden im Flugzeug auf dem Flughafen warten musste.

Die freie Meinungsäußerung muss für den großen und für den kleinen gültig sein: Belize, Costa Rica, Guatemala, Honduras, Nikaragua, Panama, El Salvador und Dominikanische Republik als Verbündeter. Gebietsmäßig umfasst das  568 988 Quadratkilometer.  Die Bevölkerung beträgt insgesamt etwas über 41,7 Millionen Einwohner.

Wir schlagen vor, dass die TPS (temporary protection status) allen in den Vereinigten Staaten befindlichen Immigranten verliehen werden, aber die Ursachen der Emigration liegen in der Unterentwicklung, in der Armut, in der die mittelamerikanischen Völker leben. 

Die einzige Art und Weise, jenen Emigrantenfluss einzudämmen, besteht weder in der Errichtung von Mauern noch in der Verstärkung der militärischen Bewachung an der Grenze.

Die Vereinigten Staaten brauchen die mittelamerikanische Arbeitskraft, so wie sie die mexikanische Arbeitskraft benötigen. Wenn diese Arbeitskraft über die Nachfrage seitens der US-Wirtschaft hinausgeht, werden dann die Repressions-Maßnahmen angewandt, das bedeutet Fonds ohne politische Bedingungen einbringen, ohne die Bedingtheit des Internationalen Währungsfonds.

Wir haben die undankbare Aufgabe, den Vereinigten Staaten wegen dem Drogenkonsum die Grenzen zu schützen.

Allein in Nikaragua hat die Landespolizei im vergangenen Jahr über 360 Tonnen Kokain beschlagnahmt.  Das sind zu US-Marktpreisen zusammengerechnet sicher mehr als 1 Milliarde Dollar.

Wie viel geben die Vereinigten Staaten Nikaragua dafür, dass es ihnen die Grenzen schützt? Sie geben 1,2 Millionen Dollar.

Es ist weder gerecht noch gleichmäßig, weder ethisch noch moralisch, dass die G-20 weiterhin die großen Entscheidungen treffen; es ist an der Zeit, dass es die G‑192 tun, das heißt, alle in den Vereinten Nationen.

Diejenigen, welche Verhandlungen mit dem Währungsfond (FMI) geführt haben, wissen genau, was der Fond bedeutet hat, wie er soziale Programme, landwirtschaftliche Programme, Produktionsprogramme aufgeopfert hat, um die Ressourcen zur Bezahlung der Auslandsschuld herauszuholen, jene Schuld, die durch die vom globalen Kapitalismus aufgestellten Regelungen auferlegt wurde.

Diese stellte weiter nichts dar, als ein Instrument, um von den Mutterländern aus kolonialistische, neokolonialistische und imperialistische  Politikrichtlinien festzulegen und zu entwickeln.

Mahatma Gandhi hat bei jenem heldenhaften Kampf, den er um die Unabhängigkeit von Indien gegenüber England geführt hat, gesagt: „England hat ein Viertel der Ressourcen des Planeten verwendet, um seinen jetzigen Entwicklungsstand zu erreichen. Wie viel Ressourcen wird Indien benötigen, um die selbe Entwicklung zu erreichen?”  In diesem 21. Jahrhundert und schon seit Ende des 20. Jahrhunderts war es nicht nur England, sondern es waren alle entwickelten kapitalistischen Länder, die ihre Hegemonie auf Kosten der Zerstörung des Planeten und der menschlichen Gattung errichteten und die Werte des übertriebenen Konsumdenkens ihres Modells auferlegten.

Die einzige Art und Weise, den Planeten zu retten, und damit die nachhaltige Entwicklung der Menschheit, besteht darin, die Grundlagen einer neuen internationalen Wirtschaftsordnung festzulegen, eines neuen wirtschaftlich-sozialen, politischen Modells, das wirklich gerecht, solidarisch und demokratisch ist. 

Dem Projekt, das als Petrocaribe und als ALBA bekannt ist - Petrocaribe gehören fast alle Länder der Karibik an; aber auch einige mittelamerikanische Länder, wie wir. Es gibt Länder des SICA, die Petrocaribe angehören: Belize, Guatemala, Honduras, Dominikanische Republik, Nikaragua, Panama.

„Wir, die Staats- und Regierungschefs von Bolivien, Kuba, Dominica, Honduras, Nikaragua und Venezuela, Mitgliedsländer der ALBA, sind der Meinung, dass der Entwurf der Erklärung des 5. Gipfels von Amerika aus folgenden Gründen ungenügend und unannehmbar ist:

(Er liest unmittelbar die Erklärung der ALBA bezüglich des für den Gipfel von Amerika vorgelegten Dokuments.)

„Sie gibt keine Antwort zum Thema Weltwirtschaftskrise, trotzdem diese die größte Herausforderung seit Jahrzehnten darstellt, welcher die Menschheit die Stirn geboten hat.“

„Sie schließt ungerechterweise Kuba aus, ohne den allgemeinen, in der Region vorhandenen Konsens darüber zu erwähnen, die Blockade und die Versuche zur Isolierung zu verurteilen, denen sein Volk und seine Regierung auf kriminelle Art und Weise stetig ausgesetzt worden sind.“

„Das, was wir erleben ist eine Weltwirtschaftskrise von systemischem und strukturellem Charakter und nicht eine weitere zyklische Krise.“

„Der Kapitalismus hat die ökologische Krise hervorgerufen, weil er die für das Leben auf dem Planeten notwendigen Voraussetzungen der Vorherrschaft des Marktes und des Gewinns ausgesetzt hat.“

„Um dieses Ende zu verhindern, ist die Entwicklung eines alternativen Modells zum kapitalistischen System notwendig. Ein System der Harmonie mit unserer Mutter Erde und nicht der Ausplünderung der natürlichen Ressourcen; ein System der kulturellen Vielfalt und nicht  der Vernichtung von Kulturen und Auferlegung von solchen, den Realitäten unserer Länder nicht eigenen, kulturellen Werten und Lebensstilen; ein System des Friedens, das auf der sozialen Gerechtigkeit aufbaut und nicht auf einer imperialistischen Kriegspolitik; ein System, das die Menschen nicht zu einfachen Verbrauchern bzw. Waren macht.“

Bezüglich der Blockade der Vereinigten Staaten gegen Kuba und des Ausschlusses dieses Landes vom Gipfel von Amerika wiederholen wir, die Länder der Bolivarianischen Alternative für die Völker Unseres Amerika, die Erklärung, welche alle Länder von Lateinamerika und der Karibik am vergangenen 16. Dezember 2008 über die Notwendigkeit zur Aufhebung der Kuba von der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika auferlegten Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade angenommen haben, einschließlich der Anwendung des so genannten Helms-Burton-Gesetzes, das allen reichlich bekannt ist.

In meinem Land, in Nikaragua, haben meine Vorgänger-Regierungen haargenau in allen Punkten die neoliberale Politik angewandt. Seit dem Jahr 1990, als die Sandinistische Front aus der Regierung ausschied, bis zum 10. Januar 2007, als die Sandinistische Front an die Regierung zurückkehrte, haben sie diese 16 Jahre lang angewandt.

Als die Revolution 1979 in Nikaragua siegte, hinterließen die Tyranneien und Regierungen, die von den US-Regierungen in Nikaragua auferlegt und gestützt worden waren, die Demokraten, die sich selbst als Demokraten bezeichneten, ein Nikaragua mit 60% Analphabetismus.

Unsere erste große Schlacht bestand darin, den Analphabetismus zu beseitigen, und wir übernahmen diese große Aufgabe und es gelang uns den Analphabetismus auf 11,5%, 12% zu vermindern. Weiter kamen wir nicht, weil uns seitens der Reagan-Regierung eine Kriegspolitik aufgezwungen wurde.

Wir übergaben die Regierung im Jahr 1990 mit 12,5% Analphabetismus im Land und uns wurde das Land im Januar 2007 mit 35% Analphabetismus übergeben.

Das sind nicht von der Regierung erfundene Daten, sondern von jenen Organisationen erarbeitete Angaben, die auf Bildungs- und Kulturthemen spezialisiert sind.

Das ist das Ergebnis des Neoliberalismus, der in Nikaragua angewendet wurde, der Privatisierungen, die in Nikaragua angewandt wurden, denn das Gesundheitswesen wurde privatisiert, die Bildung wurde privatisiert, die Armen wurden ausgeschlossen. Für andere war der Wechsel im Gegenteil dazu gut, denn sie bereicherten sich, das Modell hat bewiesen, dass es sehr erfolgreich ist, um Reichtümer anzuhäufen, erfolgreich, die Armut zu verbreiten. Es ist ein großer Zusammenballer des Reichtums und großer Vervielfältigter des Elends und der Armut.   

Das ist ein ethisches Problem, ein moralisches Problem, auf dem sich die Zukunft gründet, und nicht nur die der im höchsten Maße verarmten Länder, wie der fünf hier von Lateinamerika und der Karibik genannten, die wir nicht viel mehr verlieren können, als die Ketten, wenn es keine  Wandlung der Ethik, keine Wandlung der Moral, keine Änderung der Werte geben wird, die es uns ermöglicht, wirklich nachhaltig zu sein. 

Es handelt sich schon nicht mehr um eine Frage der Ideologie bzw. eine politische Angelegenheit; es ist eine Überlebensfrage. Und da geht es um uns alle, von den G‑20 bis zu den G‑5, die wir die ärmsten Länder von Lateinamerika und der Karibik sind.

Ich bin der Meinung, dass wir diese Krise, die heute die Welt heimsucht und die zu Diskussionen, zu Debatten, zur Suche nach Lösungen führt, so angehen müssen, indem wir berücksichtigen, dass das jetzige Entwicklungsmodell nicht mehr möglich und schon nicht mehr haltbar ist.

Die einzige Art und Weise, uns alle zu retten, besteht in der Auswechslung des Modells.

Vielen Dank.

Die Sätze von Daniel zur Eröffnung des Gipfels schienen das Glockengeläut für eine jahrhundertealte Politik, die bis vor wenigen Monaten auf die Völker von Lateinamerika und der Karibik angewendet wurden.

Es ist jetzt 19:58 Uhr. Ich habe gerade die Worte von Präsident Hugo Chávez gehört. Venezolana de Televisión hat scheinbar eine Kamera auf dem „Geheimen Gipfel“ eingeschleust und hat einige seiner Aussagen übertragen. Gestern sahen wir ihn, wie er freundlich die Geste von Obama erwiderte, als dieser zu ihm hinging und ihn begrüßte, eine ohne Zweifel intelligente Geste des US-Präsidenten.

Dieses Mal stand Chávez von seinem Platz auf und ging zu Obama hin, der an der Stirnseite eines rechtwinkligen Raumes neben Michelle Bachelet saß und übergab ihm das bekannte Buch von Galeano,  “Las venas abiertas de América Latina” (etwa: Die offenen Venen von Lateinamerika), das systematisch vom Autor auf den aktuellsten Stand gebracht wird. Ich weiß nicht, zu welchem Zeitpunkt innerhalb des Tages dies geschah. Ich erwähne nur die Uhrzeit, zu der ich es hörte.

Es wird angekündigt, dass der Gipfel morgen Mittag enden wird.

Der Präsident der Vereinigten Staaten ist sehr aktiv gewesen. Wie den Nachrichten zu entnehmen ist, hat er sich nicht nur mit dem Plenum des Gipfels versammelt, sondern auch mit allen regionalen Gruppen.

Sein Vorgänger legte sich zeitig schlafen und schlief viele Stunden. Obama arbeitet scheinbar viel und schläft wenig.

Heute, am 19., um 11:57 Uhr, sehe ich nichts Neues. Der Kanal des CNN hat keine frischen Nachrichten. Ich höre die zwölf Glockenschläge der Uhr, in jenem Augenblick geht der Premierminister von Trinidad und Tobago auf die Tribüne des Gipfels. Ich widme meine Aufmerksamkeit seinen Worten und spüre einige seltsame Dinge. Das Gesicht von Manning ist angespannt. Kurz darauf spricht Obama und anschließend beantwortet er Fragen der Presse; ich sehe ihn barscher, wenn auch ruhig. Was am meisten meine Aufmerksamkeit erregt, ist die Tatsache, dass eine Pressekonferenz organisiert wurde, an der mehrere Regierungschefs teilnehmen, bei der aber keiner der nicht mit dem Dokument übereinstimmenden gesprochen hat.  

Manning hatte vorher gesagt, dass dasselbe vor zwei Jahren vorbereitet wurde, als es keine tiefgreifende Wirtschaftskrise gab und dass deshalb die jetzigen Probleme nicht mit aller Klarheit behandelt seien. Unzweifelhaft, dachte ich, fehlte McCain. Mit Sicherheit erinnerten sich die OAS, Leonel und die Dominikanische Republik an jenen Nachnamen des Militärchefs der Invasoren von 1965 und die 50 000 Soldaten, welche sie einnahmen, um die Rückkehr von Juan Bosch zu verhindern, der kein Marxist-Leninist war.

Auf der Pressekonferenz waren der Premierminister von Kanada, ein offen rechts gerichteter Mann und der Einzige, der unhöflich gegenüber Kuba gewesen ist;  der Präsident von Mexiko, Felipe Calderón; Martín Torrijos von Panama, und logischerweise Patrick Manning anwesend. Der Vertreter der Karibik und die zwei Lateinamerikaner waren respektvoll gegenüber Kuba. Keiner hat es angegriffen und alle hatten ihre Opposition gegenüber der Blockade zum Ausdruck gebracht.

Obama sprach von der militärischen Macht der Vereinigten Staaten, mit dem sie im Kampf gegen das organisierte Verbrechen helfen könnten und von der Bedeutung des US-amerikanischen Marktes. Er anerkannte auch, dass die von der Regierung von Kuba ausgeführten Programme, wie die Entsendung von Ärztebrigaden in lateinamerikanische und karibische Länder effektiver sein können, als die militärische Macht von Washington, wenn es darum geht, an Einfluss in der Region zu gewinnen. 

Wir Kubaner tun es nicht, um Einfluss zu gewinnen. Es ist eine Tradition, die 1963 in Algerien begonnen wurde, als das Land gegen den französischen Kolonialismus kämpfte, und wir haben dies in Dutzenden Ländern der Dritten Welt gemacht.

Er war barsch und ausweichend bezüglich der Blockade bei seinem Presseinterview; aber er ist schon geboren und wird am folgenden 4. August 48 Jahre alt werden.

Im selben Monat, werde ich neun Tage später 83 Jahre alt, fast das Doppelte seines Alters, aber jetzt verfüge ich über viel mehr Zeit zum Nachdenken. Ich möchte ihm ein elementares ethisches Prinzip bezüglich Kuba in Erinnerung bringen: die Fortsetzung jeglicher Ungerechtigkeit, jegliches Verbrechens besitzt keine Rechtfertigung, egal in welcher Zeitepoche.  Die grausame Blockade gegen das kubanische Volk kostet Menschenleben, kostet Leiden; es schadet auch der Wirtschaft, von der sich eine Nation ernährt, und schränkt ihre Möglichkeiten ein, in vielen armen Ländern der Welt Hilfe auf den Gebieten des Gesundheits- und Bildungswesens, des Sports, des Energiesparens und des Umweltschutzes zu leisten.



Fidel Castro Ruz

19. April 2009

14:32 Uhr

Datum: 

19/04/2009