Der rebellische Sohn der Umstände
Datum:
Quelle:
Als den Gebrauch der Vernunft bezeichnet man den Wasserscheidepunkt, in dem das Bewusstsein über die Handlung selbst in seine Existenz tritt und die Trennung von der natürlichen Naivität zu Beginn des Lebens stattfindet.
Es gibt kein anderes Stadium, in dem die Abhängigkeit des Menschen von seinen Umständen größer ist als zwischen der Geburt und den frühen Jahren.
Diese Vernunft, von der wir sprechen, passt jedoch mehr zu den Erinnerungen, zum grafischen Gedächtnis der gelebten Erfahrung als zur geistigen Reife, die für das Schmieden des Charakters ausschlaggebend ist.
Dieser Charakter, die Persönlichkeit, die eingeschlossene Moral, wovon sich letztendlich Tugenden und Einstellungen ableiten, ist vielleicht mehr Erbe der Umstände als nur des physische Wachstums, ist abhängig von der Ernährung, von dem, was praktiziert und dem, was gelitten und genossen wird.
Von der Wiege aus also, die in der Region Birán stand, formte sich nach dem Morgengrauen des 13. August 1926 dank des unternehmerischen Antriebs und des Arbeitswillens des strengen Vaters, in der traurigen sozialen Realität, die im ländlichen kubanischen Alltag jener Zeit vorherrschte und die auf dem Landgut von Don Ángel und Lina mit so vielen Zeugnissen freigiebiger Großzügigkeit gegenüber den Armen und Arbeitslosen abgefedert war, mit dem natürlichsten Ausdruck, den die Freiheit hat, wie die des offenen Landes und der Möglichkeit, sich mit echten Freunden, die immer Söhne bescheidener Bauern oder Hausangestellten waren, zu Fuß oder zu Pferde zu bewegen, – im Prinzip so entscheidend wie die folgenden Schuljahre – die unwiderrufliche Persönlichkeit des kleinen Fidel Alejandro.
„Ich wurde nicht als Revolutionär geboren, aber ich war rebellisch", sagte er einmal, und sein Bericht, der oftmals in Gesprächen mit engen Freunden wiedergegeben wurde, bietet köstliche Anekdoten über den großen Mann, der sein ganzes Leben lang wie zu seiner Zeit als Kind, ein Sohn der Umstände war.
Er wollte das sein, was jedes Kind in seinem Alter wollte. Die Geschichten des Kleinen sind die besten Argumente, die den Mythos auflösen und ihn in das weltliche Leben bringen. Es ist wahr, dass er das Privileg hatte, in den ersten Jahren völlig unbeschwert zu leben. Ohne kämpfen zu müssen, um zu überleben, um den täglichen Bissen Brot zu bekommen, um barfuß eine Arbeit aufzutun, die ein paar Cent für zu Hause einbringen würde.
Sohn eines Grundbesitzers zu sein und nicht Enkel eines solchen, sei ein Privileg und ein Glück, sagte er, denn letzteres zu sein, hätte ihn in einer Welt mitten in der Schwebe der eingebildeten aristokratischen Überlegenheit erwachen lassen. Sohn jedoch von Eltern armer Herkunft zu sein, die mit ihrem eigenen Schweiß ihr Glück schmiedeten, atme die Behaglichkeit der Harmonie des Zusammenlebens mit den Bescheidenen.
Unter den Zeitgenossen, die in den Bächen und Tümpeln von Birán schwammen, die die Felder in alle Richtungen durchquerten, die Kühe störten, die mit Steinschleudern auf die Jagd gingen, die mit ihm die Regelnund die Maiskörnern unter den Knien teilten, mit denen sie die Lehrerin bestrafte, gab es nicht ein einziges Kind das auch nur annähernd an das Vermögen herankam, das seine Familie besaß.
Diese Freunde waren die bescheidensten Kleinen in der Gegend, und er war immer mit ihnen auf Augenhöhe, etwa wenn er ihnen das Mittagessen im Henkelmann mitbrachte. Er hatte bereits mehrere Male im Büro des Vaters die Papiere gesehen, in denen von Verträgen für nicht dringende Jobs die Rede war, die Don Angel für die verzweifelten Menschen, die auf der Suche nach einer Beschäftigung zu ihm kamen, arrangierte.
Weil er die raue Realität des ländlichen Lebens bis in die tiefsten Wurzeln kannte und dank der Sorglosigkeit seiner Eltern, die ihm keinerlei Verzicht auf die Teilnahme an diesem Leben auferlegten, frei erkunden konnte – abgesehen von der Schelte für seinen häufigen Aufenthalt in den Behausungen der Haitianer, nicht, weil er sich dort aufhielt, sondern weil seine Gesundheit darunter litt, weil er dort so viel gerösteten Mais aß, begann er früh und grundlegend das Ungerechte, Irrationale, Ungleiche zu verstehen und ein Funke entzündete sich in ihm, ein beginnendes Gefühl der Rebellion.
In seinen ersten Kriegen kämpfte er mit den gleichen unschuldigen Waffen der übrigen Kinder, die die Cowboy-Tricks und die Helden der Kämpfe von Abessinien auf den Bildchen in den Kekspackungen ernst nahmen. Aber als er anfing, dem Hauskoch, der Analphabet war, die Zeitungen vorzulesen, entdeckte er in den Details des großen spanischen Bürgerkriegs seinen ersten bedeutenden Krieg, dem er Schritt für Schritt folgte und plötzlich die Bedeutung des Internationalen verstand. Vielleicht in derselben Dimension, mit der er Napoleon bewunderte, nachdem er ihn in einem Postkartenalbum gefunden hatte – wie auch Hannibal, Alexander den Großen und den spartanischen Heerführer in der Schlacht bei den Thermophylen.
Wie er selbst erzählte, machte er bereits in seiner Schulzeit, die er in Santiago de Cuba in den Schulen La Salle und Dolores verbrachte, vier eigene Aufstände. Der erste bestand aus einem Bombardement von Steinen von mehr als einer halben Stunde auf das Zinkdach der kleinen Schule in Birán, wo die Lehrerin Eufrasia wohnte, die für lange Zeit die Hauptverantwortliche für die schlimme Zeit war, die er in dem Haus in Santiago erlebte. Der zweite hatte den Ausschluss aus der La Salle Schule zur Folge, als er sich den Missahndlungen des Lehrers Bernardo widersetzte. Der dritte, um die harte Entscheidung seiner Eltern rückgängig zu machen, die ihn straften, indem sie ihn nicht mehr in die Schule zurückkehren ließen. Er sagte, er werde das Haus in Brand setzen. Und ein vierter, als er die neue Betreuerin in Santiago überlistete, indem er ihr falsche Noten für jedes Fach zum Unterscheiben vorlegte.
Die Aufmerksamkeit im Unterricht wurde durch seine Sucht Sport zu treiben und die, die Berge zu erforschen, belastet. Vorbestimmung? Der junge Fidel Castro nahm die größte Herausforderung an, die intellektuelle Herausforderung zwischen dem Kolleg Belén in Santiago und der Bewusstseinsschmiede, die die Alma Mater von Havanna darstellte, die den Charakter des jungen Mannes abrundeten, der stürmisch heranreifte, vom Unbezähmbaren hin zum Revolutionär.
„... denn der Mensch ist nicht völlig Herr seines Schicksals. Der Mensch ist auch Kind der Umstände, der Schwierigkeiten, des Kampfes... Die Probleme formen ihn ihn, wie die Drehbank ein Stück Material. Der Mensch wird nicht als Revolutionär geboren, das wage ich zu sagen. Ich habe mich in einen Revolutionär verwandelt“.